Der S25 Berlin ist ja letztes Jahr, wie so viele Laufevents, ausgefallen, und auch in diesem Jahr findet er corona-bedingt nicht am gewohnten Termin Anfang Mai sondern erst im Oktober statt. So lange konnten wir nicht warten und sind ihn einfach schon mal am ursprünglichen Termin gelaufen…
Natürlich nicht im Wettkampf-Modus – Eyyüp, Klaus und ich wollten einfach eine Sightseeing-Tour auf der Strecke machen. Und dabei ohne den Wettkampf-Tunnelblick mehr von der schönen Berliner Innenstadt-Strecke sehen. Ein kleiner sportlicher Anreiz für mich bestand darin, dass ich die An- und Abfahrt mit dem Fahrrad gemacht habe.
Als ich in die Nähe des Stadions kam, war kein Mensch zu sehen, wo sonst schon reges Treiben und freudige Erwartung vor dem S25 herrschte.
Statt der sonstigen etwa 5.000 Starter*innen für den 25-km-Lauf und den Halbmarathon standen wir nun zu dritt auf dem großen Olympischen Platz.
Ohne Aufregung und Startschuss liefen wir los, zuerst die Olympische Straße entlang…
… und über die Olympische Brücke.
Bei den Wettkämpfen sind wir so gut wie immer zu schnell auf der leicht abschüssigen Straße gestartet. Dieses Mal ging es entspannt der Sonne entgegen.
Über die Reichsstraße…
… ging es zum Theodor-Heuss-Platz. Hier konnten wir natürlich nicht wie sonst die Ideallinie quer über die Fahrbahnen laufen, sondern liefen die Zusatzmeter außen herum und beachteten dabei (fast) alle Ampeln.
Ohne Zeitdruck nahmen wir mehr von der Umgebung wahr…
… und ich konnte sogar einen kurzen Blick zurück auf den Funkturm werfen (vorher an dieser Stelle noch nie bemerkt).
Einige schöne Eindrücke…
… hielt ich im Vorbeilaufen fest. Sogar das Preisgeld für den Wettkampf wurde uns schon gezeigt. Bei nur drei Teilnehmern standen die Chancen gut ;-)
Hinweise auf Corona-Tests waren an vielen Stellen zu sehen.
Wir liefen weiter die Bismarckstraße entlang, auf der nur wenig Verkehr unterwegs war am frühen Sonntagmorgen.
An einem Laufladen kam uns ein viergeteilter Läufer entgegen.
Auch am Schiller-Theater hing ein Banner „Testzentrum“. Ob irgendjemand den Zusammenhang zwischen einem Corona-Test und dem plakatierten „Cyrano“ bemerkt hat?
Baustellen gehören zum Berlin-Sightseeing natürlich ebenso dazu…
… wie das Nebeneinander von alt und neu.
Vor der Technischen Universität Berlin (eine der 20 größten Hochschulen Deutschlands) war auch schon mal mehr los.
Wir genossen das wunderbare Laufwetter…
… liefen am Charlottenburger Tor…
… vorbei an der Bronzestatue von König Friedrich I. …
… und einigen lustigen Impressionen am Wegesrand…
… die Straße des 17. Juni hinauf.
In der Ferne konnten wir schon – hinter einer Baustelle, klar – die Siegessäule sehen.
Zuerst grüßte sie uns im Gegenlicht…
… aber beim Blick zurück konnten wir sie in ihrer ganzen glänzenden Pracht bewundern.
Am Tiergarten entlang…
… liefen wir auf dem Fußweg, statt wie sonst mit weitem Blick auf der breiten Straße.
Am Sowjetischen Ehrenmal waren viele Kränze niedergelegt worden. Der Grund wurde mir erst im Nachhinein klar: der 9. Mai (unser Lauftag) ist als „Tag des Sieges“ laut Wikipedia inzwischen der wichtigste Feiertag des Jahres in Russland.
Der „Rufer“ von Marcks rief der Sonne entgegen, als wir uns Brandenburger Tor und Fernsehturm näherten.
Ein inzwischen aus vielen Städten bekanntes Bild: Man sieht die Sehenswürdigkeiten vor lauter E-Rollern und Mietfahrrädern nicht.
Das Durchlaufen des Brandenburger Tors war ohne die übliche Trommelgruppe und die klatschenden Zuschauer nicht ganz so emotional wie sonst.
Am Pariser Platz blühten die Tulpen.
Vor dem Hotel Adlon machten wir eine kurze Trinkpause. Vornehmer kann ein Erfrischungsstand nicht aussehen.
Wir passierten die Russische Botschaft…
… und liefen „Unter den Linden“ hinauf, wobei Klaus mit Blick auf die Navi-Angaben seiner Laufuhr die Meter bis zur Abzweigung durchgab. Wir sind den S25 ja bereits 13 Mal gelaufen, aber sicher ist sicher ;-)
Im Schaufenster des ehemaligen Aeroflot-Gebäudes entdeckte ich russische Zeichnungen – und weiß jetzt im Nachhinein auch, dass es hier um den „9. Mai“ geht.
Als ich von weitem diesen aus der Jahreszeit gefallenen „Foto-Point“ entdeckte, mussten Klaus und Eyyüp natürlich herhalten.
Kurz darauf waren wir am Gendarmenmarkt angekommen. Soviel Zeit zum Fotografieren habe ich sonst nicht, so dass ich in Ruhe den Französischen Dom „einfangen“ konnte.
Das Konzerthaus am Gendarmenmarkt lag schön in der Sonne.
Die Statue am Deutschen Dom schien uns im Vorbeilaufen zu grüßen.
Kurz nach einem weiteren Corona-Test-Center…
… bogen wir auf die Leipziger Straße ab. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube es war hier, wo Klaus’ Lauf-Navi ausgestieg und nicht mehr zu bewegen war, den weiteren Weg anzuzeigen. Ärgerlich, aber wir kennen die Strecke doch auswendig!
Vom Sonnenschein auf der Leipziger Straße…
… in den Schatten des Arkadengangs zur Mall of Berlin.
Am Zaun des Bundesrats hing ein großes Banner: „16 Länder. Ein Ergebnis.“ – das stammte anscheinend noch von vor den Corona-Ministerpräsidentenkonferenzen.
Unser Weg führte uns über die ehemalige Berliner Mauer...
…zum Potsdamer Platz, der an diesem Morgen wesentlich leerer als an den früheren Wettkampf-Tagen war.
Nun standen wir am Sony Center des kürzlich verstorbenen Architekten Helmut Jahn und warfen einen kurzen Blick in den historischen Kaisersaal. Der denkmalgeschützte Prachtsaal des ehemaligen Grandhotel Esplanade war 1996 über 75 Meter auf Luftkissen an diesen Standort verschoben worden.
Der Mund-Nasen-Schutz der Lego-Giraffe war eindeutig nicht mehr am richtigen Platz, aber der Abstand stimmte auf jeden Fall.
Wir ließen das Musikinstrumenten-Museum links liegen…
… und schwenkten kurz darauf nach links in die Tiergartenstraße. Am Rande des Tiergartens gab es die Statuen von Wilhelm von Preußen…
… und von Richard Wagner zu sehen.
Statt wie sonst auf der Straße, liefen wir auf dem Parkweg parallel dazu.
Hier gibt es viele Botschaften, u.a. in einem beeindruckenden Gebäude mit Ornamenten, die in der Morgensonne glänzten, die Botschaft von Saudi Arabien.
Die Nordischen Botschaften in Berlin sind ohnehin toll.
An der mexikanischen Botschaft verleihen die „Wings of Mexico“ Läufern Flüüü-gel!
Und vor der Botschaft von Malaysia gab es einen Berliner Buddy Bear mit farbenprächtiger Bemalung zu sehen.
Erstaunlich: mitten in der Stadt kamen wir an einem verlassenen leeren Hotel vorbei.
Bald hatten wir den Wittenbergplatz mit dem KaDeWe erreicht.
Auf dem Tauentzien sah es nicht nur nach Frühling aus, es roch auch so – dank der vielen Blumenbeete auf dem Mittelstreifen.
Beim S25 stehen hier auf dem Mittelstreifen Zuschauer, aber nun konnten wir hier ungestört unter der Skulptur „Berlin“ durchlaufen.
Wir sahen die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche mit dem Glockenturm des Architekten Egon Eiermann und dahinter das „Upper West“ – immerhin das vierthöchste Hochhaus Berlins.
Baustelle und Dessous – ein Kontrast, der im kontrastreichen Berlin gar nicht groß auffällt.
„Hört ihr die Rasseln und Tröten?“ Meine Frage an die Mitläufer war natürlich nicht ernst gemeint. Es herrschte sonntägliche Stille am Café Kranzler, wo sonst beim S25 viele Zuschauerinnen und Zuschauer stehen.
Die paar Leute, die heute hier guckten, hatten nur steinerne Mienen und herablassende Blicke für uns übrig.
BSR und Dior, det is Berlin!
Bei zwei Bären in schwarz und weiß bogen wir in die Leibnizstraße ab.
In dieser Gegend an der Kantstraße habe ich viele Jahre gearbeitet und konnte deshalb Eyyüp und Klaus ein wenig zum Kant-Garagen-Palast und einiges mehr erzählen.
Es gibt hier unter anderem leerstehende Geschäfte…
… und Geschäfte mit Erfrischungen ganz anderer Art (als sie Läufer*innen bei Wettkämpfen gewohnt sind).
Aber an der Kantstraße kommt man auch an vielen kleinen interessanten Läden vorbei.
Hoch die Hände, Wochenende!
Nichts ist unmöglich? – das war doch eigentlich ein anderes Unternehmen, oder?
An einer privaten Gedenkstelle waren Hinweise „An den Dieb“ angebracht –irgendwie passend dazu entdeckte ich die Kneipe „Zum Freispruch“ im Hintergrund.
Dieses interessante Gebäude fiel uns auf. Für meine Mitläufer im Nachhinein die Info: Es ist das Ignatius-Haus. Ein typischer 50er-Jahre-Bau, der anfangs Sitz der Norddeutschen Provinz der Jesuiten und der Christlichen Glaubens- und Lebensschule St. Ignatius war. Wieder was gelernt!
In unseren Erinnerungen an die zahlreichen S25-Wettkämpfe ließen wir den „gefürchteten“ Anstieg an der Neuen Kantstraße in Anekdoten aufleben: Die immer schwereren Laufschritte, der Getränkestand, an dem wir viele, viele Sekunden ließen, weil wir einfach nicht weiterlaufen wollten.
Und nun trabten wir gemütlich hinauf, bemerkten mal ganz bewusst den Lietzensee…
… und waren beim In-Erinnerungen-Schwelgen so vertieft, dass wir schon bald „oben“ waren.
Vor uns lagen das Messegelände mit dem Funkturm…
… und ein weiterer kleiner Anstieg, vorbei am Haus des Rundfunks, einem schönen alten Bau von großer architektonischer und rundfunkgeschichtlicher Bedeutung.
Der Theodor-Heuss-Platz… ja, hier steht sonst immer winkend Doro, und kurz dahinter überläuft man die Messmatte mit der Halbmarathon-Marke. Da wir schlecht, wie sonst beim S25, auf der Fahrbahn gegen die Fahrtrichtung laufen konnten…
… liefen wir einfach mal quer über den Platz und sahen uns den 15 Meter hohen Blauen Obelisk an.
Die Künstlerin hat ihn handschriftlich mit der Geschichte des Theodor-Heuss-Platzes bis hin zur Entstehung dieses Denkmals verziert.
Die Anfangskilometer sind beim S25 auch zum großen Teile die Endkilometer (in Gegenrichtung). Wir liefen also die Reichsstraße wieder hoch…
… auf der ich zwei Rosen an sogenannten Stolpersteinen entdeckte, die an ermordete oder geflüchtete Juden erinnern, die damals hier gelebt haben.
„Marathonallee“ klingt für Läufer*innen schon mal gut.
Ein Werbeplakat forderte zum „Freizeit genießen!“ auf. Klar, machen wir doch gerade!
Vor dem „Wiener Caffeehaus“ standen immer noch lange (corona-bedingte) Warteschlangen, als wir hier abbogen…
… und wieder über die Olympische Brücke…
… zum Olympischen Platz liefen. Es waren keine Autos zu sehen, also bin ich auf der „richtigen“ Strecke gelaufen, wo in den letzten Jahren beim S25 immer Motivationssprüche mit farbiger Kreide auf den Asphalt geschrieben waren.
Die beiden anderen nutzten parallel dazu den Fußweg.
Ein wirklich einsames „Rennen“ vor dem Olympiastadion. Hier haben wir sonst immer unsere letzte Kraft zusammengenommen.
„Wisst ihr noch, hier staubte es in manchen heißen Jahren am Renntag gewaltig!“
Jetzt gab es glücklicherweise klare Luft und Stille für uns Sightseeing-Läufer.
Nun um die Ecke in die Jesse-Owens-Allee…
… und Schluss! Der schönste Teil des S25 blieb uns leider verwehrt: das letzte Stück durch die trommeldröhnende Tiefgarage auf die blaue Laufbahn des Stadions. Nun standen wir am Pförtnerhäuschen, wo drei Männer anscheinend das Check-In für das Hertha-Spiel am Abend machten.
Klaus versuchte es mit Charme, aber sie ließen sich nicht überreden, uns ins Stadion laufen zu lassen. Aber Fotos von uns vor der Schranke machte einer von ihnen gerne. Danke!
Zufrieden – „tolles Laufwetter! interessante Eindrücke! schöne Erinnerungen!“ – spazierten wir zurück zum Auto, verabschiedeten uns, und ich bummelte wieder 23 Kilometer auf dem Rad nach Hause.
Wer auch nochmal ausgiebig in Erinnerungen an den S25 schwelgen möchte:
- S25 Berlin – 25-km-Lauf am 12.05.2019
- S25 Berlin – 25-km-Lauf am 06.05.2018
- Big25 – 25-km-Lauf am 14.05.2017
- Big25 – 25-km-Lauf am 15.05.2016
- Big25 Berlin – 25-km-Lauf am 10.05.2015
- Big25 Berlin – 25-km-Lauf am 04.05.2014
- Big25 Berlin – 25-km-Lauf am 05.05.2013
- Big 25 Berlin – 25-km-Lauf am 08.05.2011
- Big 25 Berlin – 25-km-Lauf am 10.05.2009
Saucool. Da wäre ich gerne mitgelaufen.
Tolle Bilder!
Martin, wenn dieses nervige C-Dings durch ist, dann laufen wir auch mal wieder zusammen. Entweder wenn du zufällig in Berlin bist oder ich spätestens 2022 auf documenta-Besuch in deiner Gegend bin. Oder auf neutralem Boden beim Laufblogger-Camp ;-)
2022 ist schon wieder documenta? Gut, dass du mich dran erinnerst! :D
Machen wir.