Am gestrigen Sonntag sind wir startblog-f-Läufer den 25-km-Lauf Big 25 Berlin gelaufen. Die ganz neuen startblog-f-Laufshirts kamen zum ersten Mal zum Einsatz und haben uns offensichtlich Glück gebracht: trotz der sehr warmen Temperaturen sind wir alle gut durchgekommen und ich habe sogar meine Traumzeit geschafft und bin unter 2 Stunden ins Ziel eingelaufen…
Nachdem wir am Anfang der Woche noch morgens bei 3-5° gelaufen waren, bot sich Andreas V., Klaus und mir bei unserer Ankunft am Olympiastadion bereits ein strahlend blauer Himmel. Wunderschönes Muttertagswetter, anstrengendes Wettkampfwetter.
Am Olympia-Schwimmstadion (Wettkampfstätte der Schwimmwettbewerbe 1936) zogen wir uns um und warteten auf Hartmut, der gemeinsam mit Oliver anreisen wollte.
Endlich kam Hartmut an, bereits ein wenig entnervt über die öffentlichen Verkehrsmittel, die die Anfahrt umständlich lang gemacht hatten. Immerhin hatte er den Rest der „Reise“ nun alleine in der Hand ;-)
Die roten startblog-f-Shirts machten sich in dem Läufer-Getümmel richtig gut, und von uns aus konnte es jetzt losgehen.
Hartmut hatte sich mit Oliver wie üblich ganz vorne eingereiht und wir anderen drei suchten uns etwas bescheidener einen Platz im Startblock B2 – nachdem wir erst fälschlicherweise in B3 gelandet waren. Ich war sogar etwas weniger aufgeregt als sonst in diesem Moment, denn ich wusste, dass ich die letzten Monate sehr gut trainiert hatte. Nur die Sonne, die bereits mit etwa 18° spürbar warm auf das Läuferfeld strahlte (später sollten es bis zu 22° werden), machte mir ein wenig Sorgen.
Der Big 25 beginnt – Gedanken zur Renntaktik
Der Startschuss fiel, Andreas V., Klaus und ich klatschten uns ab, und los ging es! Im Allgemeinen sagt man ja, dass es am besten sei, einen Wettkampf gleichmäßig durchzulaufen. In diesem Fall – Big 25 bei kräftiger Wärme – verbietet sich diese Renntaktik aber geradezu: die erste Hälfte führt leicht abschüssig an Häusern und Bäumen entlang, die Schatten spenden, während die zweite Hälfte viele Abschnitte aufweist, die durch die pralle Sonne führen, die zudem zu Mittag hin noch wärmer scheint als am Start. Nicht zu vergessen, die gefürchtete Steigung zwischen km 19,5 und 21!
Also war mein Plan (und auch sicherlich der vieler anderer Läufer), die erste Hälfte etwas schneller einzuplanen als die zweite. Wie bereits bei meinem ersten vergeblichen Versuch, die „Schallmauer“ zu durchbrechen, bedeutete das einfach, die ersten 11 Kilometer in 4:45 min/km und den Rest dann in 4:50 min/km zu laufen. Theoretisch ergab das die Traumzeit von 1:59:55. Theoretisch.
Einfach laufen lassen
Da die beiden anderen ein leicht langsameres Tempo laufen wollten, verloren wir uns recht schnell auf den ersten Metern aus den Augen. Bei Kilometer 1 und 2 stellte ich zufrieden fest, dass ich auf der abschüssigen Straße ganz lässig einen 4:40er-Schnitt lief. Gut, einfach laufen lassen, aber bloß nicht übertreiben. Es ging die Reichsstraße entlang, um den Theodor-Heuss-Platz herum und anschließend die lange Magistrale Kaiserdamm-Bismarckstraße-Straße des 17. Juni hinunter. Meist konnte man am Straßenrand im Schatten laufen, und es war schon interessant zu sehen, wie das Läuferfeld vor mir nicht der Ideallinie sondern den Schattenbereichen folgte.
Nur das Geräusch von Laufschuhen auf Asphalt
Da es kaum Zuschauer am Streckenrand gab – was sich auch bis zum Schluss kaum änderte – ging es sehr ruhig zu. Ich hörte keine Läufergespräche, nur hin und wieder jemanden, der heftig atmete, ansonsten ausschließlich das gedämpfte Getrappel von tausenden von Läuferschuhen auf Asphalt. Bei Kilometer 5 der erste Getränkestand, etwas später um die Siegessäule herum, weiter mit Blick auf das Brandenburger Tor. Direkt vor und hinter dem Tor endlich mal Zuschauer, die mit Rufen und Klatschen die Läufer antrieben. Der zweite Getränkestand bei Kilometer 10, erneut ein kleines Gel genommen, einen Becher Wasser getrunken und einen über Kopf und Arme gekippt.
Tempo halten, so lange es geht
Nun begann für mich der spannende Teil, denn inzwischen hatte ich mir trotz der steigenden Temperaturen in den Kopf gesetzt, meinen 4:45-er-Schnitt so weit es ging durchzulaufen. Gezielt das Tempo auf 4:50 min/km zu reduzieren erschien mir zu riskant, wer weiß, wie viele Sekunden ich an den letzten Getränkeständen und vor allem an der gefürchteten Steigung zum Schluss lassen würde? Bei Kilometer 12 gab es einen kurzen, aber schönen Motivationsschub, denn vom Straßenrand winkte mir wild gestikulierend meine Frau entgegen!
Kilometer 15 – und immer noch im Rennen
Am Sony-Center vorbei bog das Feld rechts ab, um dann links in die Tiergartenstraße zu laufen. Wir passierten zahlreiche Botschaften entlang des Tiergartens. Ich fühlte mich immer noch gut, wenn es auch bereits Kraft kostete, das Tempo zu halten. Wir näherten uns Kilometer 15, einem für mich besonders wichtigen Punkt, denn ab dort hatte mein erster „Schallmauer-Versuch“ vor zwei Jahren sein unheilvolles Ende angekündigt. Wenn ich auch heute aufgrund der Wärme irgendwann das Tempo nicht mehr würde halten können, so sollte es doch wenigstens erheblich später passieren. Kilometer 15 kam, der dritte Getränkestand brachte eine willkommene Erfrischung, und ich war immer noch im Rennen.
Mitläufer gesucht
Auf dem Kudamm wiederholte sich das schon auf den bisherigen Kilometern so häufig praktizierte Spiel mit dem Blick auf die Uhr und den Vordermann oder die Vorderfrau. Ich wäre so froh gewesen, hätte ich mich an jemanden mit konstant „meinem“ Tempo anhängen können, aber wann immer ich glaubte, solch eine/n Läufer/in gefunden zu haben, zeigte mir die Laufuhr nach wenigen Minuten an, dass ich im Tempo nachließ und ich machte mich wohl oder übel ans langsame Überholen.
Die entscheidende Phase
Mit dem Abbiegen auf die Kantstraße begann die entscheidende Phase, das hatte ich schon vorher gewusst, aber jetzt spürte ich es in den Knochen. Das „dicke Ende“ des Laufs rückte näher, die Straße ging fast unmerklich in eine langgezogene, immer stärker werdende Steigung über, hoch zum ZOB und weiter bis zum Theodor-Heuss-Platz. Ich wurde langsamer, aber nur soviel mein Zeitplan „zuließ“.
Immer stärker musste ich gegen den Wunsch ankämpfen, noch mehr Tempo herauszunehmen. Sogar der Gedanke, wie schön es wäre, einfach ein Stückchen zu gehen, schoss mir durch den Kopf. Ich dachte an meine Frau und an die Halbmarathon-Marke, die beide „oben“ am Theodor-Heuss-Platz auf mich warteten und verdrängte so die schmerzenden Waden aus meinem Bewusstsein.
Erneut ein glücklicher Moment, als ich meinen „Fanclub“ fröhlich winken sehe. Jetzt bloß nicht so aussehen, wie man sich fühlt! Leider schon in Sekundenschnelle vorbei der schöne Moment, dafür kommt die Digitalanzeige der Halbmarathon-Marke ins Gesichtsfeld. Ich erkenne im Vorbeilaufen nur, dass die Zeit mit 1:40 beginnt und bin zufrieden: das ist tatsächlich immer noch genau im Zeitplan!
Die letzten 4 Kilometer werden hart
Die letzten Kilometer werden aber hart. „4 Kilometer, nur noch 4 Kilometer!“ lautet mein Mantra, mit dem ich innerlich die müden Beine zu übertönen versuche. Eine Erinnerung kommt hoch. Ich, wie ich vor Jahren auf diesem Abschnitt, der Reichsstraße, erschöpft gegangen bin. Aber heute nicht, ich schaffe das! Innerhalb von Sekunden schwanke ich zwischen müdem „Wann kommt denn bloß endlich das nächste Schild?“ und kämpferischem „Komm, du kannst es schaffen, du musst das Tempo halten, gleich bist du im Ziel!“.
Die „Schallmauer“ ist greifbar nahe
Nach scheinbar unendlich langer Zeit kommt Kilometer 22 näher, wir sind nun auf der Olympischen Straße und sehen das Olympiastadion direkt vor uns aufragen. Ich weiß, dass jetzt noch ein unfassbar langes Stück kommt. Gefühlt ist man schon da, kann das Ziel sehen, aber eine psychologisch sehr harte Nummer ist es, dass man noch einmal um das halbe Stadion herum muss. Die Augen und der Kopf sagen: du bist so gut wie im Ziel, aber die Beine müssen noch ganze zweieinhalb Kilometer durch die Sonne bewältigen! Es geht leicht hoch zur Brücke. Werde ich schneller? Werde ich langsamer? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die „Schallmauer“ greifbar nahe ist und dass ich jetzt dranbleiben und nachlegen muss.
Unter 2 Stunden, ich habe es geschafft!
Der staubige Weg um das Stadion zieht sich. Um mich herum leiden so manche Läufer. Ich höre Musik vom Mittelalterfest auf dem Stadiongelände und auch Lautsprecherstimmen aus dem Stadioninneren dringen heraus. Unglaublich, vorne biegen die Läufer rechts ab, das ist der Weg in die Tiefgarage, ich habe es so gut wie geschafft! Ich tauche in das Dunkel ein, lautes Trommeln treibt den Puls zusätzlich nach oben. Die Beine schmerzen, fast stolpere ich auf der abschüssigen Einfahrt.
Licht! Jetzt geht es raus aus der Tiefgarage ins Stadion. Die blaue Tartanbahn, auf die ich mich so gefreut hatte! Momentan hält sich die Euphorie aber stark in Grenzen, so sehr laufe ich am Limit. Ich sehe das Ziel, sehe die digitale (Brutto-)Zeit noch mit einer „1“ beginnen und weiß, dass ich es geschafft habe!
Im Ziel
Kaum habe ich meine Medaille, kommt mir auch schon Hartmut entgegen, und während wir die ersten Worte wechseln, tritt zu meiner Freude auch noch Henrik von den Running Twins hinzu, den ich zum ersten Mal treffe.
Und wie wir so da stehen und auch Klaus begrüßen, zieht plötzlich ein Wadenkrampf bei mir hoch, wie ich ihn noch nie erlebt habe! Ich kann kaum stehen, will mich sofort auch gerne professionell massieren lassen. Aber als mir klar wird, dass ich mich dafür hinlegen müsste – und das für meinen Kreislauf zu diesem Zeitpunkt garantiert nicht gut wäre – verzichte ich und mache mich, nachdem das Schlimmste überstanden scheint, auf den Weg aus dem Stadion hinaus.
Leider besteht dieser Weg aus unzähligen Treppenstufen und ich schaffe gerade einmal drei, bis mich der nächste Wadenkrampf packt. Sofort setze ich mich auf einen Besucherstuhl und strecke das Bein zur Entlastung. Das ist der Moment, als mich der zweite Running Twin, Marek, erblickt und anspricht. Na toll, dieses Treffen hätte ich mir wirklich etwas entspannter gewünscht, aber Marek ist nett und hilft mir beim Dehnen der Wade, bevor er sich wieder aufmacht zu den verdienten Getränken.
Um es kurz zu machen: irgendwie habe ich es dann im zweiten Anlauf auch geschafft, die Treppen hinaufzukommen. Und nach einer kurzen Auszeit – ich war völlig erledigt – traf ich wieder auf Andreas V., Klaus und Hartmut, und wir machten uns erschöpft und zufrieden auf den Heimweg. Alle waren bei der Hitze gut durchgekommen, Andreas V. sogar schneller als ursprünglich geplant.
Am Ende blieb für mich nur rätselhaft, warum mir mein Garmin handgestoppt eine Zeit von 1:58:23 zeigte, während das offizielle Ergebnis 1:59:23 lautete. Aber das ist auch völlig egal: ich habe meinen dritten und letzten Frühjahrslauf 2011 mit dritter Bestzeit in Folge abgeschlossen und sehe nun entspannten „leichten“ Laufwochen entgegen ;-)
Glückwunsch zur phantastischen Zeit! Und Danke für den tollen Bericht.
Das Einlaufen ins Olympiastadion steht auf meiner Läufer-Wunschliste auch ganz weit oben…
Wow, herzlichen Glückwunsch, dass du trotz des Wetters die Traumzeit gepackt hast. Dazu gehört zwar einerseits die richtige Renntaktik, aber man muss es natürlich auch in den Beinen haben. Sauber!
Andreas, meinen herzlichen Glückwunsch zu deiner fantastischen Leistung und der sub2h-Zeit! Das lief ja fast wie im Bilderbuch bei dir ab, der Bericht ist sehr gut geschrieben und man kann förmlich mitfühlen, wie du das Rennen step-by-step gemeistert hast. Nächstes Mal treffen wir uns aber vor dem Lauf – wir waren leider beide ziemlich platt und enttäuscht, Henrik sieht man es auf dem Schnappschuss ja auch echt an. Hut ab und weiter so!
Starke Leistung! Keep on …
Glückwunsch auch von mir zu deiner Traumzeit – bei strahlend blauem Himmel in dieser Masse !!
Das mit dem unangenehmen Krampf wäre m.E. zu vermeiden, wenn du vorher genügend Magnesium/Kalium zu dir nimmst, damit habe ich zumindest diese Probleme nicht.
Und dann noch die neuen T-Shirts – alles planmäßig gelaufen – super ! 8)
Glückwunsch zu dieser tollen Zeit!
Du bist eigentlich zu schnell für Startblog F ;-)
Gruß
Carsten
Großer Kampf von dir, Andreas. Alles richtig gemacht. Du hast mich ungefähr bei Km 17 überholt und -so sehr ich es wollte- ich konnte dir nicht folgen. Aber mir war in dem Moment klar, dass du auf sub2h-Kurs bist. Gute Erholung für die Beine und danke für den Schnappschuss – ich sehe ja echt begeistert aus :). Für DICH habe ich mich jedenfalls gefreut!
@Sven
Ja, das ist wirklich ein Lauf-Highlight. So richtig genießen kann man es allerdings nur, wenn man sich für die letzten 400 Meter noch etwas Kraft übrig lässt…
@Laufhannes
Dieses Mal hatte ich es wirklich in den Beinen (aber auch der Kopf hat mitgespielt), danke!
@Marek
Abgemacht, nächstes Mal frisch vor dem Lauf (wahrscheinlich der Berlin-Marathon, oder?)
@Hanna
Nee, erst mal etwas kürzer treten ;-) Aber zu den Herbstläufen geht es dann wieder „richtig“ weiter.
@Margitta
Danke für den Tipp, habe ich bisher immer nicht für nötig gehalten, aber bei solch warmem Wetter und solchen Ambitionen ist das wohl das nächste Mal ein Muss.
@Carsten
Der Name des Blogs bleibt, egal wie schnell ich noch laufen werde. Dafür schreibe ich dann langsamer ;-)
@Henrik
Schade, dass ich dich bei km 17 nicht bemerkt habe, vielleicht hätte man sich gegenseitig motivieren können. Habe wohl vor lauter Anstrengung und Konzentration mein Umfeld nicht mehr so genau mitbekommen. Die geplagten Beine werden mich noch ein Weilchen an diesen Lauf erinnern…
Glückwunsch bei der Wärme so durchzukommen! Sehr schöner Bericht. So ein Einlauf in ein Stadion ist echt schön.
@Ralf
Ich bin selber erstaunt, dass ich es so gut geschafft habe, da ich ansonsten recht wärmeempfindlich bin.