Lauf-Blog für Läuferinnen und Läufer der F-Klasse

Ein wunderschöner Sightseeing-Lauf vom Wannsee bis nach Potsdam und zurück

Veröffentlicht am 14.07.2008 | 4 Kommentare

Lauf Wannsee-Potsdam am 12.07.2008

Durch Zufall und über zwei Ecken kam es, dass Hartmut und ich am vergangenen Sonntag die Gelegenheit hatten, mit zwei uns bis dahin unbekannten Läufern deren Wochenendstrecke vom Wannsee bis nach Potsdam und zurück zu laufen. Was soll ich sagen: es war fantastisch…

Laufen am Wannsee

Bereits um 7 Uhr trafen wir uns auf dem Parkplatz am Flensburger Löwen und es ging los Richtung Westen, auf einem Waldweg am Ufer des Wannsees entlang.

Laufen am Wasser: Blick auf den WannseeWirtshaus zur Pfaueninsel

Wie sich herausstellte, waren Dieter und Joachim (ich hoffe, ich habe den Namen richtig in Erinnnerung) erfahrene Läufer, die schon so manchen Marathon hinter sich hatten. Paris, Prag, Südafrika… beeindruckend und zum Neidisch-werden!

Laufen am Wannsee

Aber jetzt waren wir am schönen Ufer des Wannsees unterwegs, und das war auch nicht zu verachten. Nachdem wir gerade an der Pfaueninsel vorbeigekommen waren, tauchte bald zwischen den Bäumen die 1844 entstandene Heilandskirche von Sacrow auf.

Verfallene Brücke im WaldGlienicker Brücke

Die ersten Kilometer vergingen mit gegenseitigen Erzählungen unserer Lauferlebnisse. Hin und wieder machte mich Dieter auf Fotomotive am Wegesrand aufmerksam. Und während ich dann versuchte, ein Foto zu machen, liefen die anderen gemütlich weiter, was – ich kenne das ja ausreichend von den Buchstabenläufen – jeweils damit endete, dass ich anschließend ziemlich Tempo machen musste, um wieder den Anschluss zu bekommen!

Blick durch Bäume auf die BooteEremitage

Wir hatten bereits das Kasino Klein-Glienicke und die Glienicker Brücke passiert und kamen nun an der Eremitage am Potsdamer Jungfernsee vorbei, die ursprünglich 1796 Friedrich Wilhelm II. hat anlegen lassen und die nun, nach der zwischenzeitlichen vollständigen Abtragung, wieder neu erbaut wurde.

Schloss Cecilienhof

Nächste Sehenswürdigkeit auf der Strecke war Schloss Cecilienhof, das wir kurz vor Kilometer 9 erreichten. Hier hatte ja bekanntlich vor fast genau auf den Tag 63 Jahren (17. Juli 1945) die „Potsdamer Konferenz“ stattgefunden, auf der die politischen Konsequenzen aus dem Zweiten Weltkrieg per Vertrag festgeschrieben wurden.

Muschelgrotte im Neuen GartenWeg zur Meierei

Wir liefen jetzt auf sehr geschichtsträchtigem Terrain und trafen schon nach wenigen gelaufenen Metern bereits auf ein Bauwerk, das mehr als 150 Jahre vor der „Potsdamer Konferenz“ gebaut wurde: die Muschelgrotte im Neuen Garten, die, wie Dieter erzählte, einst Friedrich Wilhelm II. für Treffen mit seinem Geheimbund diente. Direkt daneben zeigte ein Schild den Weg zur Meierei – natürlich ein Mussfoto für mich – und da ich doch etwas länger mit dem Fotohandy hantierte (handyrte?) war mal wieder ein Aufholsprint angesagt. Allerdings ein recht anspruchsvoller, denn hier ging es ziemlich deutlich bergauf…

Henkel-VillaVerfallene Mauer

Etwas später zeigte mir Dieter, der anscheinend jedes Detail der Strecke kannte, die Henkel-Villa. Wie so oft auf diesem Lauf entging mir aber ein Teil der weiteren Erläuterungen, da ich natürlich für das obligatorische Foto stehenbleiben musste, während die anderen angeregt plaudernd weitertrabten.

Belvedere auf dem Pfingstberg

Solange der Weg gerade und übersichtlich war, war es meist kein Problem die anderen einzuholen. Beim Belvedere auf dem Pfingstberg hätte ich meine drei Vorläufer allerdings fast verloren. Das Fotoshooting mit Zentralperspektive dauerte einfach zu lang, die drei waren schon um zwei Ecken verschwunden. Nach einer kurzen Schrecksekunde hatte ich dann aber wieder Sichtkontakt und erhöhte das Tempo um aufzuschließen.

HausRussisch-orthodoxe Alexander-Newski-Gedächtniskirche

Kurz darauf wusste Dieter – der sich so langsam zu meinem persönlichen Kultur-Reiseführer entwickelte – zu berichten, dass die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Gedächtniskirche die einzige russisch-orthodoxe Kirche außerhalb Russlands ist, die direkt dem Patriarchen in Moskau untersteht. Wir waren hier auf dem Kapellenberg angekommen und wie das Wort schon sagt: es ging ziemlich bergauf auf diesem Teil der Strecke bis zur Kirche. Glücklicherweise ging es aber nun wieder bergab in Richtung Russische Kolonie Alexandrowka.

Auch hierzu hatte mein gut informierter Mitläufer so viel Interessantes zu berichten, dass ich glatt vergaß, ein Foto zu machen! Die Kolonie ist nämlich 1826/1827 von Friedrich Wilhelm III. von Preußen für die letzten 12 Sänger eines aus ehemals 62 Soldaten bestehenden Chores angelegt worden. Das Gelände wurde von Peter Joseph Lenné gestaltet und hat die Form eines „X“ (Andreaskreuz!).

Rathaus PotsdamNauener Tor

Als wir die Russische Kolonie auf einer Achse des großen „X“ (Au weia, wieder ein Buchstabenlauf!) durchquert hatten, ging es auf der Friedrich-Ebert-Straße vorbei am Rathaus Potsdam auf das Nauener Tor zu, vor dem wir links abbogen.

Prächtiges Portal gegenüber dem Nauener Tor

In dieser Gegend waren Hartmut und ich vor gar nicht allzu langer Zeit unseren ersten Drittelmarathon durch Potsdam gelaufen. Nun waren wir aber etwas gemütlicher unterwegs und hatten Zeit zum Gucken und Fotografieren. Es gibt Leute, die schwärmen davon, wie schön diese oder jene Halbmarathon-Strecke gewesen sei – ich muss sagen, dass mir bei einem Wettkampf zwar die Strecke nicht ganz egal ist, aber für die Reize der Umgebung bin ich dann relativ unempfänglich ;-) Wettkampf ist Wettkampf, und das hier heute… war das pure Vergnügen!

Haus an der KurfürstenstraßeGotische Bibliothek im Neuen Garten

Gotische BibliothekAuf der Kurfürstenstraße ging es nun dem südlichsten Zipfel des Neuen Gartens zu, der von der Gotischen Bibliothek markiert wird. Nach etwas mehr als 3 Kilometern durch die Straßen Potsdams waren wir hier wieder am Wasser angekommen, denn der Pavillon der Bibliothek, die einst die französischen und deutschen Bücher Friedrich Wilhelms II. enthielt, steht am Ufer des Heiligen Sees. Die Sonne schien so schön durch das Treppenhaus des Gebäudes, dass ich hier gleich mehrere Fotos machte, was durch einen erhöhten Kraftaufwand bei der unweigerlich darauf folgenden Aufholjagd zu den anderen bestraft wurde. Schlossküche im verfallenen TempelUrne und Eiskeller-Pyramide

Am Ufer des Sees entlang führte uns nun unser Weg vorbei an den Sehenswürdigkeiten des Neuen Gartens. Zuerst kamen wir am Marmorpalais vorbei, das sich aber wegen Bauarbeiten in Planen verhüllt zeigte (nur die goldene Spitze ragte heraus). Wenig später passierten wir die ehemalige Schlossküche, die für Friedrich Wilhelm II. als halbversunkener Tempel erbaut wurde und eine kleine Pyramide, die damals als Eiskeller diente.

Zur weißen Urne auf dem Sockel am Wegesrand hatte Dieter eine lange Geschichte parat – die er bereits 1-2 Kilometer vorher begonnen hatte: Die Urne erinnert an den früh verstorbenen Graf Alexander von der Mark, den Lieblingssohn Friedrich Wilhelms II. mit seiner Mätresse Wilhelmine Gräfin von Lichtenau (hat meines Wissens nichts mit dem Lichtenauer Wasserlauf zu tun ;-) Sie war im Laufe der Jahrhunderte verschwunden (die Urne, nicht die Gräfin!) und ist dann irgendwann auf dem Grunde des Sees wiedergefunden worden.

Grünes Haus am Heiliger-See-Ufer

Kurz darauf gab es einen wunderschönen Blick über den See auf das Grüne Haus. Dieter erzählte, dass das Gelände des Neuen Gartens einst aus 46 (?) Einzelgrundstücken zusammengekauft wurde. Ein Großteil der damaligen Bebauung musste der Gartenplanung weichen. Erhalten blieben nur vier Gebäude, die nach ihrer Farbe Weißes, Braunes, Rotes und Grünes Haus genannt werden (am Roten Haus waren wir zuvor bereits vorbeigekommen).

Lauf durch den WaldLauf durch den Wald

Nun hatten wir unsere Umrundung des Neuen Gartens abgeschlossen und liefen wieder auf die kleine Brücke zu, über die wir auf dem Hinweg das Areal betreten hatten. Kurz vor Verlassen des Neuen Gartens wiesen meine Mitläufer mich noch auf ein Fotomotiv hin: eine (fast) nackte Sonnenanbeterin am Ufer des Sees. Mit Hinweis auf meine angeborene Schüchternheit und die Tatsache, dass ich heute nur mindestens 200 Jahre alte Fotomotive aufnehmen würde lehnte ich aber dankend ab. Der Rückweg durch den Wald bot zwar keine weiteren Sehenswürdigkeiten (gleich welchen Alters), dafür aber interessante Gespräche, so dass die Zeit recht schnell verging.

Blick auf den Großen Wannsee

Hartmut und Joachim waren zügig vorausgelaufen und erwarteten uns bereits am Ausgangspunkt unseres Laufs bei der Anlegestelle am Großen Wannsee.

Flensburger LöweKiosk Seehaase

Hier gab es abschließend nicht nur einen Löwen zu sehen (der Flensburger Löwe ist eigentlich nur eine Kopie desselbigen und hat im Original eine lange Geschichte hinter sich), sondern auch einen Seehaasen (ja, mit Doppel-„a“), bei dem wir uns aber nicht lange aufhielten, denn nun ging es nach Hause.

Da ich die Strecke mit dem Nokia Sports Tracker aufgezeichnet hatte und noch immer nicht so sicher bin, wie exakt die GPS-Daten sind, fragte ich am Ende Dieter, den Experten, wie weit denn unsere heutige Strecke gewesen sei. „Etwa 22 Kilometer.“, war seine Antwort. Mmh, mein Handy zeigte 22,94 km. Darauf die Frage an Hartmut, was denn sein Polar Laufsensor anzeigen würde. „24 Kilometer, und das hat Joachims Gerät auch angezeigt.“ Ja, und ich habe nun für diesen Bericht meine Handy-Daten exportiert und bei www.gpsies.com importiert, wo die Strecke mit 21,8 km angezeigt wird…

Aber egal wie lang dieser Lauf am Wasser nun wirklich war: er war ein Erlebnis der besonderen Art! Danke schön an unsere „Vorläufer“ und noch einmal die Bekräftigung, dass wir sehr gerne mal am etwas längeren (30 km), von Dieter entwickelten „Kulturlauf“ teilnehmen würden!

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Lauferfahrungen

4 Kommentare zu “Ein wunderschöner Sightseeing-Lauf vom Wannsee bis nach Potsdam und zurück”

  1. Hartmut sagt:

    Hallo Andreas,
    Vielen Dank,dass du den Laufbericht noch vor meinem Urlaub ins Netz gestellt hast. Wer nach diesen schönen Schilderungen und Erlebnissen keine Lust hat sich seine Laufschuhe anzuziehen und mitzukommen, hat selber Schuld! Melde mich bei dir und berichte euch dann vom Mitternachtslauf am 25.7. in Heiligenhafen.
    Bis dahin viel Spaß und trainiere fleißig weiter!!
    Hartmut

  2. Joachim sagt:

    Hallo,
    mein Name ist richtig!! Tolle Fotos. Vielleicht läufst du ja unsere erweiterte Strecke (30 km…) im August mal mit.
    Gruss Joachim

  3. webmaster@startblog-f.de sagt:

    Hallo Joachim,
    war wirklich sehr nett mit euch diese tolle Strecke zu laufen. Und natürlich würde ich (wir) auch gerne die erweiterte Strecke mitlaufen!
    Gibt es schon einen Termin, damit ich das einplanen kann? Wäre nett, wenn du mir rechtzeitig eine Mail an webmaster@startblog-f.de schreiben könntest…
    Gruß, Andreas

  4. Roland sagt:

    Hallo Hartmut,
    deine Fotos sind dir hervorrangend gelungen.
    Diese Landschaft ist für mich die schönste Berliner Entspannungsszene: Besonders 1 Stunde vor Sonnenuntergang.
    Nach der Wende 89 wurde sie zu meinem 1. Marathon-Probe-Lauf. Mit der neuen Freiheit hatten endlich beide Seiten der Glienicker-Brücke noch mehr an Schönheit gewonnen.
    Der Lauf durch diese kulturelle Landschaft ist mein bester Tipp für sehr kleine Läufergruppen – wie ihr vier.
    Viel Spaß bei weiteren Entdeckungen z.B. am Landwehrkanal oder zur Fähre nach Gatow, um Trocken zum S-Bahnhof Wannsee zurück zu kommen.
    Roland

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