Und wieder ein langer Lauf in der Marathon-Vorbereitung: Am vergangenen Sonntag bin ich zum Abschluss meiner Bremen-Laufwoche von Bremen-Osterholz über Bollen und Bierden bis nach Achim und wieder zurück gelaufen. Eine Strecke, die ich bereits fast exakt vor drei Jahren – damals aber bei „richtigem“ Sommerwetter – gelaufen bin…
Um rechtzeitig zum Familien-Urlaubsfrühstück wieder zurück zu sein, war ich bereits um 6 Uhr unterwegs. Wegen einer Baustelle war gleich auf den ersten Kilometern ein kleiner Umweg nötig. Aber was interessieren ein paar hundert Extra-Meter, wenn noch mehr als 30.000 Meter vor einem liegen?
In Mahndorf komme ich nie an der alten Werbung am Vitakraft-Stammhaus – das kleine, unscheinbare 50er/60er-Jahre-Gebäude-Ensemble ist tatsächlich die Konzernzentrale – vorbei, ohne an den Zátopek-Spruch „Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft“ zu denken.
Nach etwa 7 km hatte ich die Grenze von Bremen zu Niedersachsen überschritten und war schon mal froh, wenigstens die ersten 40 Minuten im Trockenen gelaufen zu sein. Der Himmel sah nämlich durchaus nach Regen aus, und ich war wirklich nicht scharf darauf, mehrere Stunden beim Laufen durchnässt zu werden.
Die Pferde eines kleinen Gestüts am Wegesrand schauten neugierig aus ihren Ställen, als ich „vorbeitrabte“.
Inzwischen war ich in Bollen angekommen und lief, nach einem kurzen Blick auf die grasenden Pferde, links auf dem Bollener Deich weiter.
Mein Lauftempo bewegte sich zwischen 5:40 bis 5:50 min/km und somit war ich einen kleinen Tick schneller, als der Trainingsplan vorgab (nämlich 5:50 min/km), aber zum einen fühlte es sich „richtig“ an und zum anderen zeigte ein Blick auf die aktuelle Herzfrequenz, dass ich mit 117-120 wunderbar im Bereich von 70% HFmax lag.
Nach dreieinhalb Kilometern auf dem Deich mit Blick auf die Weser bog ich nach rechts in den Corporalsdeich ab, einer kleinen Straße mit zum Teil prächtigen Häusern und Gärten, die mich direkt nach Bierden führte.
Der Laden an der Ecke (war es ein Edeka?) den ich von früher in Erinnerung hatte war nicht mehr da – leere Schaufenster „zur Vermietung“ – aber ich erkannte die Straßenecke, an der ich abbiegen musste, trotzdem am etwas versteckt hinter Büschen gelegenen Weltkriegs-Denkmal wieder.
Kurz darauf lief ich bereits auf der Hauptstraße („Bremer Straße“) von Bierden nach Achim und konnte mich zwischendurch noch etwas über „Werbung aus einer anderen Zeit“ im Schaufenster eines Autoteile-Ladens wundern. Rechts im Bild übrigens der fotografierende Läufer, standesgemäß im Finisher-Shirt des letztjährigen Bremen-Marathon.
Um ziemlich genau 7:30 Uhr erreichte ich dann die Fußgängerzone von Achim, die mich natürlich um diese Zeit am Sonntag völlig leer und trostlos empfing.
Nach einer kleinen Runde um den Marktplatz und einigen Fotos – unter anderem vom Denkmal „Zigarrenmacher“ (Achim war einmal eine Hochburg der Zigarrenherstellung) – machte ich mich wieder auf den Rückweg.
Vorbei ging es am „Café im Clüverhaus“, einem interessanten Integrationsprojekt: In diesem Café bedienen behinderte Menschen aus den Waldheim-Werkstätten.
Und wenig später fiel mein Blick auf etwas, das ich schon aus Berlin kannte, nämlich so genannte „Stolpersteine“, mit denen der Künstler Gunter Demnig an das Schicksal der von den Nationalsozialisten deportierten und ermordeten Menschen erinnern will. Das Schüler-Zitat „Nein, nein, man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen“ trifft es sehr gut, und so passierte es auch mir als „Vorbei-Läufer“, dass ich stolperte und nachdenklich wurde, ohne zu fallen.
Bald hatte ich die Stadtgrenze hinter mir gelassen und lief wieder auf dem Deich in Richtung Bollen und kam dabei erneut an dem kleinen, versteckten Teich mit den vielen Seerosen vorbei, den ich bereits auf dem Hinweg zwischen den Bäumen entdeckt hatte.
Die Regengefahr schien so langsam zu schwinden, es wurde immer freundlicher. Sollte ich tatsächlich das Glück haben, auch meinen letzten Lauf in dieser Bremen-Woche trocken abzuschließen?
In Bollen bemerkte ich im Vorbeilaufen, dass an einem Haus nicht nur die Werder-Fahne wehte, sondern dass es auch Heavy-Metal-Fans dort zu geben schien. Das musste gleich für meinen Sohn dokumentiert werden. Und noch ein paar Kilometer weiter machte ich erneut halt, da ich unbedingt einmal eine der gerade frisch im Bau befindlichen Windenergieanlagen neben der Autobahn aus der Nähe besichtigen wollte.
Auf den letzten Kilometern zog ich das Tempo noch einmal etwas an – Kilometer 28 in 5:30 min/km, Kilometer 29 in 5:17 min/km und Kilometer 30 in 4:56 min/km – bevor ich es dann langsam „austrudeln“ ließ.
Warum die Baken an der Baustelle lagen konnte ich mir nicht erklären, wahrscheinlich steckte irgendein „Witzbold“ dahinter. Oder waren die Baken tatsächlich müder als ich nach diesem langen Lauf?
Die 30er-Marke hatte ich nun lange überschritten, bewegte mich bereits auf die 32 zu…
… und lief wie auf Schienen zielstrebig zwischen den Fahrbahnmarkierungen nach Hause.
Da konnte ich doch wirklich zufrieden sein: In diesem so launischen (Nicht-)Sommer hatte ich in meiner Marathon-Vorbereitung (noch 7 Wochen bis zum Startschuss des Berlin-Marathon!) wieder einen guten langen Lauf im Trockenen absolviert. Das Durchschnittstempo war mit 5:40 min/km schneller als geplant, deutet aber in Anbetracht des Durchschnittspulses von 122 darauf hin, dass die Formkurve ansteigt ;-)
Zum Abschluss ein unbekannteres Zátopek-Zitat, das ich noch gefunden habe, und das hervorragend dazu passt:
„Machs dir im Training schwer, dann wird es im Wettkampf leichter.“
Ich bin ja immer wieder erstaunt, wenn ich lese, dass man in solch niedrigen Pulsregionen laufen kann.
Aber: Wer kann, der kann ;-)
Kommt natürlich auf den Maximalpuls an, aber der ist bei mir mit etwa 170 ohnehin sehr niedrig. Und ein langer Marathon-Trainingslauf ist eben (bis auf „Finessen“ wie Endbeschleunigung) bei 65-70% HFmax zu laufen. Da war ich vor lauter Begeisterung schon leicht drüber… ;-)
Das sind eine Menge toller Fotos! Hast Du denn die Zeit fürs Knippsen von Deiner Laufzeit abgezogen, oder ist die 5:40er Pace etwa eine Brutto-Messung?!
Bis bald in Berlin ;-)
@Eddy
Da kann ich dich beruhigen: der Forerunner war auf Auto-Stop eingestellt, hat also die Fotopausen von der Laufzeit abgezogen ;-)
Sehr schöne Fotos. Bin letzten Sonntag fast dieselbe Distanz gelaufen, nur eben in Berlin und ohne diese schönen Sehenswürdigkeiten.
Viel Spaß weiterhin
Werner
@Werner
Na, Berlin ist doch auch sehr schön ;-) Geht es bei dir auch um die Marathon-Vorbereitung?
Ja, ich werde am 25.9. dabei sein und sicherlich ein Stück nach dir durchs Brandenburger Tor laufen. Nach 4:21 h beim Debüt im letzten Jahr ist mein Ziel nun um die 4 h (vielleicht einen Funken drunter;-)