Nach all den Laufeinschränkungen und -pausen der letzten Monate und meinem kürzlich gestarteten Versuch, rechtzeitig für mein Leipzig-Projekt wieder Langstrecken-fit zu werden, waren ja auch noch Lauf-Wettkämpfe gebucht! In dieser Situation, so „formlos“ wie ich bin, nicht ideal, aber was will man machen. Vielleicht den Wettkampf vorsichtiger angehen und eventuell noch danach ein paar Kilometer drauflegen? Klingt nach einem Plan – und so ging ich dann gutgelaunt mit Monika und Klaus in Potsdam an den Start des rbb-Drittelmarathons…
Bloß nicht langweilen
Das Motto des Veranstalters setzten wir gleich nach unserer frühen Ankunft um und verbrachten die 70, 80 Minuten bis zum Start mit Startnummern abholen (sehr schnell), Suche eines idealen Umzieh-Plätzchens (schon länger) und einem netten Gespräch mit einem Läufer aus München (noch länger). Nach einigen Sätzen fragte er uns plötzlich, ob wir nicht von startblog-f seien, er lese den Blog schon lange. Na sowas! Wie gesagt: „Bloß nicht langweilen.“
Das Wetter war sonnig-kühl, beim Umziehen am See fing man schon etwas an zu frösteln. Die WC-Situation war zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise noch entspannt. Später gab es immens lange Warteschlangen, was aber zum Teil auch am merkwürdigen Anstellverhalten der Leute lag.
Meine übliche Wettkampf-Aufregung hielt sich dieses Mal in Grenzen. Klasse Wetter, klasse Gegend – und ich war ja nur zum „Trainieren“ für einen langen Lauf hier.
Mach dein Ding
Diese Gelassenheit bekam aber nach dem Startschuss kleine Risse…
… denn Klaus lief wie ein junger Laufgott immer mehrere Meter vor mir und machte Tempo!
Ich hatte im Vorfeld erwähnt, dass ich irgendein Tempo zwischen 6:00 und 5:30 min/km laufen wollte. Schließlich hatte ich noch einige Kilometer nach dem Wettkampf geplant und wollte auch keine Verletzung oder sonstige Einschränkung meines weiteren Trainings für Leipzig riskieren. Nun liefen wir aber mit meiner bereits angezogenen Handbremse exakt an der 5:30er-Schwelle und Klaus sah sich ständig nach mir um.
Für solche Fälle gibt es eine einfache Lösung, von der ich Klaus dann zu überzeugen versuchte: „Lauf gerne voraus, lass dich nicht bremsen, mach dein Ding!“ Zuerst zögerte er, wollte freundschaftlich zumindest die Hälfte mit mir gemeinsam laufen. Aber als ich anmerkte, dass das getrennte Laufen auch für mich entspannter wäre, zog er los.
Erst langsam, dann immer flotter. Meter um Meter baute er seinen Vorsprung aus, bis ich ihn irgendwann…
… nicht mehr im Läuferpulk erkennen konnte.
Für mich trat nun tatsächlich etwas Entspannung ein. Ich nahm auch leicht Tempo heraus, aber der Witz war: Sooo viel langsamer als vorher war ich gar nicht. Fühlte sich nur stressfreier an.
Über den Alten Markt mit seinen historischen Gebäuden…
… ging es kurz darauf über die Lange Brücke und von dort aus auf den Haveluferweg.
Die Kombination aus Frühlingssonne, ergrünender Natur und Blick aufs Wasser machte richtig gute Laune.
Gemeinsam mit den anderen Teilnehmer:innen lief ich auf dem Parkweg…
… und über die kleine Nuthebrücke. Verrückt: Erst beim nachträglichen Sichten der Fotos entdeckte ich die Läuferin, die anscheinend gerade im Fallen war! Da ich mich aber an keinen Aufprall erinnere, hoffe ich mal, dass sie sich noch fangen und den Lauf gut beenden konnte.
Tja, und erst beim Korrekturlesen des bisher Geschriebenen fällt mir plötzlich auf, dass es sich ja um die rechte Läuferin von diesem etwas späteren Foto handelte! Scheint also wirklich gut gegangen zu sein ;-) Gemacht hatte ich dieses Foto, weil mir der Shirt-Spruch aufgefallen war. Lokalpatriotismus (wenn er sympathisch und nicht überheblich daher kommt) finde ich immer gut.
Wir schlängelten uns jetzt so durch den Grünzug…
… und hatten bald Kilometer 6 erreicht. Allerdings brachte mich ein weiteres Kilometer-6-Schild viele hundert Meter später ins Grübeln. Es fand zeitgleich auch ein 10-km-Lauf statt – aber nirgendwo ein Hinweis, „wessen“ 6 Kilometer jeweils gemeint waren.
Inzwischen befand sich das Läuferfeld im Gleichgewicht, es wurde wenig überholt, man war im gemeinsamen Fluss.
Was nicht heißt, dass es einfach war, denn nun ging es ein bisschen bergauf…
… über eine Rampe hoch…
… zur mehrspurigen Nuthestraße inkl. Tram-Gleisen.
Eindeutig der unattraktivste Streckenabschnitt, der aber bald vorbei war…
… als wir auf die wesentlich idyllischere Rudolf-Breitscheid-Straße abbogen.
Wir Läuferinnen und Läufer wurden hier an mehreren Stellen erwartet und beklatscht, …
… manche interessierten sich aber auch gar nicht für den Pulk, der da an ihnen vorbeizog.
Jetzt, auf der zweiten Hälfte, konnte ich auch hin und wieder Läufer:innen überholen. Und zwar, wie ich das von mir gewohnt bin, eher zufällig. Ich laufe dann gefühlt kilometerlang hinter dem selben Grüppchen her, denke „Gutes Tempo, aber schneller will (und kann) ich auf keinen Fall.“ Aber irgendwann kommt dann ein Moment, am Getränkestand, in einer Kurve, ich bin in Gedanken – und oops, da bin ich ungewollt vorbei und denke „Och, hier ist auch schön, da laufe ich jetzt mal weiter.“
Die lange Steigung auf der Karl-Marx-Straße, die ich früher so gefürchtet habe, hat inzwischen ihre Schrecken für mich verloren. Liegt auch daran, dass ich nicht mehr so ambitioniert laufe. Ich versuchte, mich aufrecht zu halten und meine Arme kräftiger einzusetzen. Das funktionierte sehr gut. Es zog sich trotzdem lange hin.
Aber oben am höchsten Punkt, wo man zum Wasser hin abbiegt, da ging es dann ab… und zwar bergab!
Seit meiner ersten Teilnahme meine Lieblingsstelle: Einfach mit dem Gefälle der Straße treiben lassen, Tempo machen und aufpassen, dass die Beine auch in der richtigen Reihenfolge mitkommen!
Wenn man ehrgeizige Zeitziele hat, dann wird es jetzt an dieser Stelle hart, aber für mich war der Anblick der langen leichten Steigung hinauf zur Glienicker Brücke einfach nur entspannend. Ein kurzer Blick auf die Laufuhr zeigte mir, dass ich deutlich vor meiner geplanten Zeit im Ziel ankommen würde.
Also einfach motiviert noch ein kleines bisschen anziehen und den Zieleinlauf genießen!
Nach 1:17:12 war ich durch mit dem diesjährigen Drittelmarathon und holte mir zufrieden meine Medaille ab.
Reichlich mit Wasser und Bananen versorgt, sah ich mir noch ein wenig die Aufführung einer jungen Cheerleader-Gruppe an…
… genoss die Stimmung auf der Brücke und machte mich auf die Suche nach Monika und Klaus. Die beiden waren ebenfalls äußerst zufrieden mit ihrem jeweiligen Rennverlauf: Klaus war voll durchgestartet und siebeneinhalb Minuten vor mir angekommen, Monika flott bis aufs Treppchen durchgelaufen (was wir aber erst im Nachhinein erfuhren). Gemeinsam schwärmten wir vom schönen Tag und der schönen Strecke
Auf dem Rückweg sahen wir noch im Vorbeigehen, wie unser neu kennengelernter Münchener spontan am Rande von der Zieleinlauf-Sprecherin befragt wurde. (Schöne Grüße nach München, Rüdiger, war nett, dich kennengelernt zu haben. Du warst eine Minute vor mir im Ziel, Gratulation!)
Für mich stand das Rennen ja unter anderen Vorzeichen als sonst (s.o.). Umso zufriedener bin ich mit meinem Rennverlauf: Relativ konstant durchgelaufen und zum Ende hin auch noch etwas angezogen und einen negativen Split hinbekommen. Und der Blick in die Ergebnisliste hat meinen Trend vom Halbmarathon im letzten Herbst bestätigt: Wo ich bin, ist Mitte… 50. Platz AK von 104.
Den S25 in zwei Wochen muss ich aber viel langsamer angehen, das ist mir so kurz vor dem Leipzig-Projekt sonst zu riskant.
Upgrade auf Halbmarathon
Ach ja, Leipzig… Da war doch noch was nach dem Drittelmarathon… Ich wollte ja noch ein paar Trainingskilometer sammeln… Und so ließ ich mich auf der Heimfahrt von Monika und Klaus in Lichterfelde absetzen, um das letzte Stück nach Hause zu laufen.
Au weia: Als ich an der Goethe-Schule meine Laufuhr wieder startete, dachte ich bereits nach den ersten 100 Metern. „Was tust du hier? Die Beine sind schwer, warum hast du eben nicht noch einen Schluck getrunken? Und den Riegel gegessen, den du dir extra für diesen Moment eingepackt hattest?“
Ich schlurfte also müde und lustlos Richtung Heimat. Aber nach meinem ersten Fotostopp – auf einem Sportplatz an der Straße wurde Baseball gespielt…
… und spätestens nach Fotostopp 2 – eine Erinnerungstafel an die weltweit erste elektrische Straßenbahn, die hier 1881 vom Bahnhof Lichterfelde zur damaligen Kadettenanstalt führte – kamen die Lebensgeister wieder.
Mein Lauftempo war wieder merklich gestiegen, und ich freute mich am schönen Frühlingstag und den Dingen, die ich am Wegesrand entdeckte.
Als ich die Hildburghauser Straße hinauflief, schoss mir durch den Kopf, dass ich statt der ursprünglich geplanten 6 Extra-Kilometer, doch gleich 7 laufen könnte – dann hätte ich aus dem Drittelmarathon einen Halbmarathon gemacht.
Also drehte ich noch eine kleine Extraschleife durch den Gutspark Marienfelde und hatte bei meiner Rückkehr zuhause die 7 Extra-Trainingskilometer auf der Uhr. Trinken, duschen, essen, Feierabend für heute ;-)