Eine erste Leseprobe des Buches „Wunderläuferland Kenia“ hatte ich mit einigen anderen bereits im Laufbloggercamp 2014 von Jan Fitschen persönlich erhalten. Damals war das Buch noch ein Manuskript, aus dem Jan uns neugierigen Läufern vorlas. Nun ist das Buch fertig und ich muss sagen: Es hat mir noch besser gefallen, als das kurze Kapitel damals!
Was sofort auffällt, wenn man „Wunderläuferland Kenia“ in die Hand nimmt: Das Buch ist schön gestaltet und macht schon alleine durch die vielen tollen Fotos von Sportfotograf Norbert Wilhelmi Lust auf’s Lesen.
42 Kapitel auf dem Weg zum Wunderläufer
In 42 Kapiteln versucht Jan Fitschen – einer der erfolgreichsten deutschen Läufer aller Zeiten – „Die Geheimnisse der erfolgreichsten Langstreckenläufer der Welt“ (so der Untertitel des Buches) zu ergründen. Bei seinen zahlreichen Trainingscamp-Aufenthalten in Iten („Home of Champions“) in Kenia nutzte er die Gelegenheit, nicht nur hart zu trainieren, sondern auch Land und Läufer genauer unter die Lupe zu nehmen. Auf sehr sympathische Art und Weise erzählt er in dem Buch davon, was er dort so alles erlebt und herausgefunden hat.
Wir erfahren dabei, dass neben der Höhenluft auch das Gelände – staubig, steinig, hügelig – und die Ernährung (das legendäre Ugali!) grundlegend für den Erfolg der kenianischen Läuferinnen und Läufer sind. Aber natürlich sind da noch viele, viele andere Dinge, die die Kenianer so schnell machen. So liest man sich interessiert und amüsiert durch die 42 kurzweiligen Kapitel.
Anekdoten von den Laufprofis
An vielen Stellen werden kleine Anekdoten aus dem Trainingscamp zum Besten gegeben. So lässt sich Jan ganz genau von einem kenianischen Kollegen zeigen, wie das Nationalgericht Ugali gekocht wird, wundert sich, wie schnell bereits die Schulkinder ihn und seine Mitläufer auf ihren Trainingläufen begleiten und schreckt auch nicht davor zurück, sich eine Glatze schneiden zu lassen, um zumindest dem äußeren Erscheinungsbild der kenianischen Wunderläufer etwas näher zu kommen.
Merken werde ich mir für mein eigenes Läuferleben auf jeden Fall die Läufer-Weisheiten der Kenianer, die laut Jan nicht nur sehr hart trainieren, sondern auch Weltmeister im Relaxen sind:
Train hard, win easy – rest harder!“
Und was den Ehrgeiz und die Verletzungsprävention angeht:
If you feel good, you run fast,
if you feel bad, you don’t run!“
Lauftraining extrem
Spannend wird es immer, wenn Jan Fitschen vom Training in Iten berichtet. So wird der frühmorgendliche 18-km-Dauerlauf bei den Kenianern jeden Tag zum Ausscheidungsrennen: Gestartet wird im großen Pulk von etwa 100 Läufern im ruhigen Tempo von 6:00 min/km, aber bereits nach kurzer Zeit wird das Tempo von der Spitzengruppe gnadenlos immer stärker angezogen, bis immer mehr Läufer nicht mithalten können (oder wollen) und aussteigen.
Dieses Schicksal erwischt auch Jan und seine europäischen Kollegen immer wieder unweigerlich bei ihren Trainingsläufen mit den Kenianern. Als er sich dem Intervalltraining auf dem berühmten Kamariny-Track anschließt, werden auch einem sehr guten Läufer wie ihm die Grenzen aufgezeigt. Hier, wo dienstags über 100 Athleten auf höchstem Niveau gleichzeitig trainieren, sonst aber Kühe weiden, werden 15 x 1.000 m in 2:45 min/km gelaufen!
Als es in die zweite Runde geht, dämmert mir: Das wird kein schöner Tag heute!“
Ehrgeiziger Sportsmann, der er ist, versucht Jan natürlich, so lange durchzuhalten wie es geht, aber nach fünf Durchgängen ist für ihn dieses extreme Training beendet.
Laufen ist kein Spaß
Die Kenianer laufen allerdings auch nicht nur zum Spaß: Eine wichtige, wenn nicht gar die wichtigste Triebfeder sind Einkommen und Wohlstand. Für viele ist Laufen die einzige Möglichkeit, der Armut zu entkommen. Unter diesem Aspekt verwundert es nicht, dass die Kinder erfolgreicher Läufer hier selten auch gute Läufer werden: Aufgrund des „erlaufenen“ Wohlstands des Vaters oder der Mutter haben sie es nicht mehr nötig zu laufen, können gute Schulen besuchen und etwas „Richtiges“ werden. Wobei Jan an vielen Stellen des Buches betont, wie hoch angesehen Läufer in dem afrikanischen Land sind.
Tipps für den Freizeitläufer
Jedes der reich bebilderten Kapitel wird übrigens durch Tipps von Jan abgerundet, in denen er versucht aufzuzeigen, was man als europäischer (Freizeit-)Läufer daraus für das eigene Training und Leben ableiten kann.
Kenia-Reisetipps
Das Buch schließt mit vielen Reisetipps für alle, die das „Abenteuer Kenia“ selber einmal wagen wollen. Wobei ich bei folgendem Satz doch schmunzeln musste:
Auch ein kenianischer Crosslauf mit Tausenden Teilnehmern ist einfach ein unvergessliches Erlebnis. Nur den ganz Mutigen empfehle ich hier übrigens eine eigene Teilnahme.“
Ein schönes, unterhaltsames Buch
Meiner Meinung nach ist Jan Fitschen mit diesem Buch etwas Besonderes gelungen. Meine Laufbibliothek umfasst schon eine Menge Bücher, aber „Wunderläuferland Kenia“ ist mit seiner Mischung aus unterhaltsamem Reisebericht, spannenden Einblicken in die Welt der besten Läufer und Tipps für Freizeitläufer eine mir bis dahin unbekannte Mischung. Dank Jans erfrischendem Erzählstil und der vielen schönen Fotos lässt sich das Buch wunderbar lesen. Eine unbedingte Empfehlung von mir!
Hakuna matata!“
(Swahili für „Es gibt keine Schwierigkeiten, alles in bester Ordnung!“)
Alle Fotos © Norbert Wilhelmi