Lauf-Blog für Läuferinnen und Läufer der F-Klasse

„Der Leistenschmerz im Sport“ – Buchvorstellung

Veröffentlicht am 10.12.2013 | 2 Kommentare

Buch Der Leistenschmerz im Sport von Dr. Jens KrügerWeihnachtszeit ist Bücherzeit, also an dieser Stelle nun eine weitere Buchbesprechung…

„Der Leistenschmerz im Sport – Was kann ich tun?“ von Dr. Jens Krüger ist zwar ein Buch für eine recht kleine Zielgruppe, aber darum nicht weniger interessant. Der Autor ist Spezialist für Leistenschmerzen und Schambeinentzündung und hat bereits zahlreiche Profisportler – vor allem Bundesligaspieler – behandelt.

In der Einleitung erklärt er, dass Leistenverletzungen zusammen mit muskulären Verletzungen die häufigsten Verletzungen im Sport darstellen. Der größte Unterschied zwischen Profis und Freizeitsportlern bestünde aber nicht ausschließlich in der besseren medizinischen Versorgung der Spitzensportler, sondern darin, dass ihnen die Informationssuche („Was für eine Verletzung habe ich? Wie wird sie behandelt? Wer behandelt sie?“) von den Vereinsärzten abgenommen wird, während der Freizeitsportler sich selbst informieren muss. Diese Informationssuche soll mit dem Buch erleichtert werden, es soll für den Freizeitsportler einen fundierten Überblick über Erkrankungen der Leistenregion geben…

Einblicke in die Behandlung verletzter Leistungssportler

Dr. Krüger erklärt an vielen Beispielen von Profisportlern (Freizeitsportler kommen auch vor, aber seltener) und deren Schicksalen, wie die medizinische Suche nach den Ursachen eines Leistenschmerzes vor sich geht. Das ist durch die Beispiele „aus dem richtigen Leben“ sehr anschaulich und spannend, denn hinter einem Leistenschmerz können sich eine Vielzahl von Ursachen verbergen. Darüber hinaus bekommt man aber auch einen Einblick in das Leben (und Leid) verletzter Profisportler und die an Detektivarbeit erinnernde Suche des Arztes.

Im Buch werden zwar hauptsächlich Fußballer für die Beispielfälle erwähnt – was nicht verwundert, da dies mit 9% die Sportart mit der größten Leisten-Verletzungsgefahr ist, während der Laufsport mit 1,4% noch hinter dem Schwimmsport (2%), rangiert – aber auch Läufer-Beispiele kommen vor. Bemerkenswert, aber auch nicht weiter erstaunlich, fand ich die Tatsache, das vor allem Läufer über Leistenschmerzen klagen, die wöchentlich mehr als 60 km laufen.

Natürlich werden anfangs Fragen wie „Was ist die Leiste und wo liegt die Leistenregion?“ beantwortet und die Anatomie der Leistenregion detailliert beschrieben. An dieser Stelle hätte ich mir allerdings besseres Bildmaterial gewünscht, da ich es schwierig fand, die beschriebenen anatomischen Strukturen genau nachzuvollziehen.

Nach einer kurzen Geschichte der medizinischen Behandlung und Erforschung des Leistenbruchs – der noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts meist mit dem Tod endete – folgt ein Kapitel über die Wahrnehmung und Beschreibung des Schmerzes. Es wird betont, wie wichtig Fragen des Arztes an den Patienten, und dessen möglichst präzise Antworten, sind, um das Problem einzugrenzen. Dieses ausführliche Gespräch sei oft wichtiger als eines der bildgebenden Verfahren (Ultraschall, MRT, CT, Röntgen, Szintigraphie, etc.), die im Buch ebenfalls aufgezählt und beschrieben werden.

Der Leistenschmerz – „Spiel“ mit vielen Variablen

In dem nun folgenden Kapitel „Der Leistenschmerz – Spiel mit vielen Variablen“ werden orthopädische, chirurgische und neurologische Erkrankungen vorgestellt, die einen Leistenschmerz auslösen können. Dies ist der Kern des Buches mit vielen interessanten Fallbeispielen. Ein wenig gestört hat mich allerdings die Fußballanalogie, die für den Aufbau der einzelnen Abschnitte verwendet wird („erste Halbzeit“, „Halbzeitpause“, „taktische Erläuterungen für den folgenden Spielabschnitt“), inklusive jeweils einer Grafik mit Fußballtaktik wie in der Mannschaftsbesprechung – nur dass statt „Mittelfeld“ oder „Pressing“ hier Begriffe wie „Leistenzerrung“ und „Physiotherapie“ auf dem gezeichneten Fußballfeld stehen. Das wirkt etwas bemüht und ist nicht immer logisch.

Ansonsten ist es aber sehr spannend zu lesen, wie der Speerwerfer Raymond Hecht (neben Fußballer Thorsten Frings der einzige Profisportler, der mit Namen genannt wird, alle anderen Beispiele sind anonymisiert) gerade noch rechtzeitig vor den Olympischen Spielen behandelt werden konnte. Oder wie der Arzt bei einem 50-jährigen Läufer und Triathleten eine Schambeinentzündung nachweisen konnte, nachdem dieser bereits vergeblich beim Urologen und Orthopäden gewesen war und mit Antibiotika, Schmerzmitteln und Physiotherapie vergeblich versucht hatte, seine mysteriöse Erkrankung in den Griff zu bekommen.

Eingeflochten in diese Beispiele sind viele Fakten und Erläuterungen, z.B. zu den Krankheitszeichen, den Untersuchungsmethoden und der Behandlung (inklusive der vier wichtigsten Operationstechniken mit all ihren Vor- und Nachteilen).

Ergänzende Therapien bei Leistenschmerz

Im letzten Kapitel „Ergänzende Therapien“ wird klar vor der Selbstmedikation mit Schmerzmitteln gewarnt, da deren Nebenwirkungen nicht selten seien und nicht ernst genug genommen würden. Für die Überwindung der Schmerzen sei eine professionelle, gezielte physiotherapeutische Behandlung von entscheidender Bedeutung.

Abgeschlossen wird das Kapitel durch mehrere Seiten mit Selbstübungen, die mit Fotos illustriert werden.

Im Anhang des Buches finden sich dann noch ein paar nützliche Dinge wie Statistiken, ein Selbsttest mit dem man einen Anhaltspunkt erhält, wann es ratsam wäre, einen Arzt aufzusuchen, ein Befundnavigator, der die wichtigsten Begriffe auf Röntgenbildern und MRT-Befunden erläutert sowie ein „kleines Leisten-Lexikon“ mit den wichtigsten medizinischen Fachbegriffen.

Fazit

Dieses Buch gibt einen sehr guten Überblick über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Leistenschmerzen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass der absolut lesenswerte und professionelle Inhalt durch ein etwas zeitgemäßeres Layout und klarere Abbildungen unterstützt worden wäre.

Sehr interessant fand ich die Einblicke in die Arbeit eines Spezialisten für Leistenschmerzen und Schambeinentzündung mit Spitzensportlern. Man erkennt, welch akribische Detektivarbeit ein Arzt manchmal leisten muss und bekommt am Rande auch mit, unter welch enormem (Zeit-)Druck der verletzte Profi und sein Arzt stehen.

Bei der genannten Häufigkeit von Leistenverletzungen im Fußball gehört dieses Buch sicherlich in die Bibliothek jedes Profi- oder ambitionierten Amateurspielers, aber auch für Läufer gibt es viele interessante Einblicke, wie sich ihr Körper verhält, wie Leistenverletzungen entstehen und behandelt werden sollten.

Das Buch „Der Leistenschmerz im Sport – Was kann ich tun?“ wurde mir freundlicherweise von Dr. Krüger zur Verfügung gestellt.

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F-Klasse-Laufen, Laufservice

2 Kommentare zu “„Der Leistenschmerz im Sport“ – Buchvorstellung”

  1. Hanna sagt:

    Das Thema ist interessant und für mich sehr aktuell, denn mein Freund (kein Fußballer ondern Läufer) hat bei seiner Arztsuche nicht gerade das große Los gezogen. Nur – was soll die Bleistiftzeichnung auf dem Titel darstellen..?

  2. webmaster@startblog-f.de sagt:

    @Hanna
    Das habe ich mich auch gefragt ;-) Es muss etwas Anatomisches sein, ziemlich sicher etwas aus der Leistenregion, aber ich kann es auch beim besten Willen nicht entschlüsseln…

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