Gestern stand ich zum ersten Mal am Start des Potsdamer Schlösserlauf Halbmarathons, der für mich ein Halbmarathon der Superlative wurde: Mein 25. Halbmarathon überhaupt, dazu der heißeste und langsamste! Und der mit der schönsten Strecke…
Dass es am gestrigen Tag nicht um Bestzeiten gehen würde, war angesichts der Wetterlage schon Tage vorher klar. Bei Temperaturen, die bereits beim Start um 9 Uhr bei 21 Grad lagen und sich ziemlich schnell steigerten (die „Märkische Allgemeine“ schrieb danach sogar etwas von „Hitzeschlacht“), ging es für mich allein um das gesunde Ankommen. Ich war gemeinsam mit Julius angereist, der seinen ersten Halbmarathon laufen wollte, und wir beschlossen, die ersten Kilometer zusammen zu laufen, bevor er sich dann evtl. nach vorne absetzen wollte. Nachdem wir kurz die Atmosphäre im Startbereich – dem Olympiastützpunkt der Ruderer und anderer Sportler – genossen hatten, ging es auch schon an den Start.
Wie alle anderen suchten wir von Anfang an die Schattenbereiche, während wir uns auf den ersten Kilometern auf der Zeppelinstraße an vielen Läuferinnen und Läufern vorbeischlängelten (wir waren bewusst von recht weit hinten gestartet).
Julius trabte lockeren Schrittes neben mir, während mir sehr schnell klar wurde, dass es für mich an diesem Tag äußerst schwer werden würde. Mit Wettkämpfen in der Sonne hatte ich schlechte Erfahrungen gemacht und mir von daher gleich die Zeitmarke „knapp unter 2 Stunden“ gesetzt (zum Vergleich: meist laufe ich Halbmarathons zwischen 1:45h und 1:50h). Aber wie wir da so durch die Sonne liefen, realisierte ich, dass es durchaus auch ein paar Minuten über der 2-Stunden-Grenze werden könnten, wenn ich gesund ins Ziel kommen wollte.
Wir liefen durch die Fußgängerzone der Brandenburger Straße…
… und auf die St-Peter-und-Paul-Kirche zu. Am Getränkestand kurz vorher hatte ich Julius aus den Augen verloren und entdeckte ihn dann etwa 20 Meter vor mir wieder. Ich holte auf, um ihm zu sagen, dass er ruhig jetzt schon alleine weiterlaufen solle, aber er wollte wenigstens noch bis Kilometer 5 gemeinsam laufen.
Auf der Brücke Nuthestraße verabschiedeten wir uns dann und er zog voraus, die schattenlose Steigung hinauf.
Unter uns lag idyllisch die Havel mit ein paar Booten…
… und dann konnten wir unter uns auch die Läufer sehen, die bereits über die Rampe wieder unten auf dem Flusslevel angekommen waren.
Ein kleiner Strand, ein Paar rote Laufschuhe und Bierflaschen: Welcher Läufer war denn hier vorzeitig ausgestiegen und hatte das gemacht, was sich sicherlich im Läuferfeld so mancher an diesem hochsommerlichen Morgen sehnlichst wünschte?
Wir durchliefen nun den Park Babelsberg…
… vorbei am Kleinen Schloss…
… und dem Dampfmaschinenhaus von 1843. Von oben knallte die Sonne und auf dem Parkweg staubte sich die Läufer-Karawane am Wasser entlang.
Mein Körper mühte sich, bei der Wärme ein einigermaßen akzeptables Tempo zu halten, und mein Kopf nahm sich eine Auszeit und genoss den Blick auf die Havel und ein vorbeifahrendes Motorboot.
Kurz darauf waren wir auf dem Weg, der beim Drittelmarathon den finalen Kilometer bildet. Ganz schön gemein, jetzt an die zahlreichen Zieleinläufe denken zu müssen, die ich hier schon gemacht habe, und gleichzeitig zu wissen, dass man dieses Mal aber noch viele Kilometer vor sich hat.
Wir überquerten die legendäre Glienicker Brücke…
… passierten die Kolonnaden…
… und liefen kurz darauf in den Neuen Garten. Wenn ich mich recht erinnere, war es hier, wo wir in kurzem Abstand hintereinander jeweils einen Läufer am Rande im Gras liegen sahen, die gerade von Helfern und Sanitätern behandelt wurden. Ein warnendes Zeichen. Ein Blick auf den Puls und ein kurzes Hineinhorchen in den eigenen Körper: Alles ok, also (vorsichtig) weiter so.
Für einen kurzen Augenblick konnte man am anderen Ufer die Heilandskirche Sacrow sehen.
Und wenig später setzten wir das hochsommerliche Sightseeing am Schloss Cecilienhof fort, das aber leider zum Teil hinter einem Baugerüst verborgen blieb.
Eine wirklich tolle Sache waren die zahlreichen Anwohner, die die Läufer mit Erfrischung spendenden Gartenschläuchen vor ihren Grundstücken erwarteten. Ich war nicht der einzige, der jede dieser Duschen dankbar annahm!
Weiter ging es durch die russische Kolonie Alexandrowka. Hier gingen bereits eine Menge Läufer. Sicherlich nicht, um die schönen Blockhäuser zu bewundern.
Endlich am Schloss Sanssouci (das wir leider als solches nicht zu Gesicht bekamen)! Immerhin kam mit den Neuen Kammern ein wenig historisches Flair auf.
Auf der nun folgenden, langen Maulbeerallee gab es glücklicherweise wieder viel Schatten. Ich hatte auf den vorangegangenen Kilometern erstaunt festgestellt, dass ich wider Erwarten doch ein höheres Tempo als gedacht gehalten hatte. Mein Kopf war trotz der Hitze sogar noch so klar, dass ich mir ausrechnen konnte, dass ich ziemlich sicher unter der 2-Stunden-Marke bleiben würde (Rechnen geht sonst auf dem letzten Drittel eines Wettkampfs gar nicht mehr).
Durch das kunstvoll geschmiedete Lindstedter Tor liefen wir nun in den Schlossgarten und auf das Neue Palais zu.
Ich kann gar nicht mehr sagen, was mich mehr beeindruckte: Die historische Kulisse oder der absolut schattenlose heiße Weg vorbei am prunkvollen Palais.
Die kurz darauf anschließende Forststraße schien zwar kein Ende nehmen zu wollen, aber da die Laufuhr die letzten zwei Kilometer anzeigte, versuchte ich, mein Tempo beizubehalten.
Nachdem wir das Stadion Luftschiffhafen fast komplett von außen umrundet hatten, liefen wir endlich hinein…
… und über die Laufbahn auf das Zieltor zu! Ein wunderbares Gefühl!
Genau 1:57:54 hatte ich für diesen Hitze-Halbmarathon gebraucht und nahm stolz und zufrieden meine Medaille entgegen. Als sehr wärmeempfindlicher Läufer hatte ich es immerhin geschafft, gesund und zudem in einer halbwegs passablen Zeit ins Ziel zu kommen. Beim späteren Blick in die Ergebnisse stellte ich fest, dass alles relativ ist: Meine Zeit war zwar mehr als 10 Minuten langsamer als sonst, aber meine Platzierung war gleich gut, wenn nicht sogar besser: Sowohl in der Gesamtplatzierung als auch in der Altersklasse war ich im ersten Drittel des Feldes gelandet. Und war – äußerst ungewöhnlich bei solchen Temperaturen – sogar einen kleinen negativen Split gelaufen: 59:26 auf der ersten und 58:28 auf der zweiten Hälfte!
Darauf einen Becher Wasser ;-) Nein, es waren viele Becher (Wasser, Tee, Cola), die ich nun im Zielbereich trank, nachdem ich Julius wiedergetroffen hatte, der einige Minuten vor mir ins Ziel gekommen war.
Ich war so zufrieden, dass ich bei unserem abschließenden Finisher-Foto gar nicht bemerkte, dass meine Startnummer immer noch schlapp herunterhing, wie bereits auf dem letzten Viertel der Strecke.
Wir genossen noch etwas die Atmosphäre im Stadion und machten uns dann auf den Heimweg.
Die Pace-Grafik zeigt einen Lauf mit durchaus gutem Finish. Bei den sichtlich schwankenden Kilometer-Durchgangszeiten muss berücksichtigt werden, dass manchmal die Getränkestände 10-15 Sekunden Extrazeit gekostet haben und dass die Strecke durchaus auch ihre anspruchsvolleren Passagen hatte. Zitat der Damen-Siegerin Karsta Parsiegla in den Potsdamer Neuesten Nachrichten: „Das war ganz schön warm, doch ich bin jedes Mal überrascht, wie schwierig die Strecke ist. Das kostet Kraft.“
Fazit: Ein sehr schöner Lauf auf einer sehr schönen Strecke mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten, vielen netten Helfern und wenigen, dafür aber sehr sympathischen Zuschauern!
PS: Glückwunsch, Julius, zu deinem allerersten Halbmarathon! Da kommen noch mehr und die werden sicherlich sehr viel schneller ;-)
Potsdam ist mein absoluter Lieblingshalbmarathon und seit dem ich laufe bin ich hier jedes Jahr am Start. Dieses Jahr hab ich das erste Mal die 10km Strecke probiert und auch die kann sich sehen lassen, aber die ganzen schönen Bereiche am Wasser hat man hier natürlich nicht dabei.
Es gab auch wieder so viele freiwillige Helfer. Das war echt beeindruckend.
Erhol dich gut.
Wow, dass du dich bei dem Wetter an den HM gewagt hast. Respekt! Ich kenne einige, die dort nur den 10er mitgemacht haben. Glückwunsch, dass du es so gut ins Ziel geschafft hast.
Dieser Lauf steht auch auf meiner Liste und vielleicht klappt es ja bald mal. Der HM hört sich für mich jetzt aber auch attraktiv an.
Ich war froh, dass ich nur die 15km bei der Lichtenrader Meile gelaufen bin. Obwohl ich gern schon nach der ersten Runde aufgehört hatte. Eine dürre Angelegenheit…
Gute Erholung und bis bald.
@Mietze
Ich wollte diesen Halbmarathon schon länger laufen, aber da mir die Wärme nicht so liegt, war mir ein Start im Juni immer etwas suspekt. Aber wenn man nicht auf Bestzeiten aus ist, bleibt einfach: Eine wunderbare Strecke!
Bei dem Wetter am Sonntag waren 10 km sicherlich auch ausreichend ;-) Ich wünsche dir ebenfalls gute Erholung!
@Din
Ich kann den Lauf wirklich empfehlen, die Strecke ist sehr abwechslungsreich und voller Sehenswürdigkeiten und landschaftlich schöner Abschnitte. Nur auf schnelle Zeiten sollte man nicht hoffen ;-)
15 km hoch und runter bei der Lichtenrader Meile kann ich mir bei dem Wetter aber auch lebhaft vorstellen… Dir auch gute Erholung!
Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Finish bei diesen Temperaturen! Ich wäre am Sonntag nie und nimmer einen Halbmarathon gelaufen :-)
Und danke für die vielen Fotos von der wunderbaren Strecke!
@Manu
Ehrlich gesagt: Wenn ich es mir aussuchen kann, laufe ich auch lieber bei bewölkten 16 Grad ;-)
Tolle Strecke – aber bei dem Wetter! Man leidet regelrecht mit beim Betrachten der Hitzeschlacht-Fotos. Ich war in Norderstedt ebenfalls bei brutalen Bedingungen erst über 5 (erstmals überhaupt!) und anschließend ganz gemächlich über 10 km als Begleitservice für eine Freundin aus dem Lauftreff dabei, was wesentlich mehr Spaß gebracht hat. Ab morgen soll es hier wieder kühler werden – endlich!!!
Vielen Dank für die schönen Fotos. Ich bin am Sonntag auch den HM in Potsdam mitgelaufen und kann deine Erfahrungen nur bestätigen.
Bestzeiten sind in Potsdam wegen der anspruchsvollen, aber auch sehr schönen Strecke nicht drin. Und bei der Hitze schon gar nicht. Wichtig war sicher, an jeder Verpflegungsstation ausreichend zu trinken-das kostet auch Zeit. Die kollabierten Läufer wurden tatsächlich im Neuen Garten von Helfern erstversorgt. Sie waren für mich auch ein warnendes Zeichen, es nicht zu übertreiben und das Tempo ein wenig herauszunehmen. Vorgenommen hatte ich mir unter 01:55h zu bleiben, habe letztlich mit 01:57:29 kurz vor dir gefinished. Sehr zufrieden mit Platz 15 in der M60 und eben im ersten Drittel insgesamt. Fazit: Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei.
@Ingo
Ja, als Begleitservice lebt es sich schon etwas leichter im Wettkampf ;-) 5km laufe ich auch äußerst selten, das ist mir einfach zu schnell vom Tempo her. Ein bisschen kühler wäre schon schön. Mal sehen, wie sich das Sommerwetter entwickelt…
@Walli
Stimmt, das Trinken hat auch etwas länger gedauert als sonst! Da haben wir uns ja sicherlich (unbekannterweise) gesehen, wenn du so kurz vor mir ins Ziel gekommen bist ;-)
Gerne würde ich nächstes Jahr wieder dabei sein, mal sehen, ob ich meine Laufkumpel bewegen kann, mitzulaufen.
Hallo Andreas,
nach deinem Eintrag in meinem Blog war ich neugierig. Ich kannte deinen Blog noch gar nicht, da haben wir beide ja offensichtlich eine eine echte Interessenverwandschaft ;-)
Du hast aber auch einen schönen Bericht geschrieben und dann bin ich selbst auch noch mitten auf deinem Zielbereichsfoto.
Liebe Grüße
Jens (von laufsterne.de)
Richtig gut! Da hast du deine ganze Erfahrung ausgespielt und das Ding mit einer für diese Bedingungen sehr ansehnlichen Zeit beendet. Hitzeläufe haben es echt in sich. Da sind bestimmt viele auf dem 2. Teil richtig eingegangen. Ganz toll! Sacrow? Da war doch was im August…. :-)
@Jens
Ich fasse es einfach nicht, dieser Zufall mit den gegenseitigen Zielfotos! Und deinen Blog habe ich auch erst über die Veranstalter-Website entdeckt ;-)
@Marek
Man konnte tatsächlich schon bereits ab km 8 und sogar noch früher die ersten Läufer gehen sehen. Wenn man bei solchen Temperaturen einfach so losläuft, wie man es gewohnt ist, dann rächt sich das ziemlich schnell. Sacrow ist ja nicht meine Etappe, ich komme (hoffentlich) nur bis Teltow! Mal sehen, bei welchen Temperaturen dann…
Super!! Ich bin 2011 bei ähnlichen Temperaturen den Halben gelaufen. Wenn man akzeptiert, dass man einfach langsamer läuft, dann ist es bei dieser Strecke erst recht ein Erlebnis. Letzte Woche war ich beim 10er dabei, aber Dein schöner Bilder-Blog hat mich nun endgültig überzeugt, nächstes Jahr wieder den Halben dort anzugehen. Viele Grüße Werner
@Werner
Genau das ist der Punkt: Man muss von vorneherein wissen und akzeptieren, das an solch einem Tag das gewohnte Wettkampftempo einfach nicht zu machen sein wird und entsprechend ruhiger unterwegs sein. Dann macht es trotz Hitze auf solch einer schönen Strecke sogar noch Spaß! Mal sehen, ob wir uns nächstes Jahr beim Halben sehen. Bis dann!
Lieber Andreas,
schöne Dokumentation, die einem die schöne Laufstrecke noch mal in Erinnerung bringt. Anbei ein link zu unserer Vereinhomapage, wo ich einen etwas kürzeren Bericht plaziert habe:
http://www.djk-westen.de/wp-content/uploads/2016/06/Potsdamer-Schl%C3%B6sserlauf-2016.pdf
Fotos gibt es natürlich auch: http://www.djk-westen.de/hartmut-olli-schloesserlauf/
Grüsse Schinderhannes
@Schinderhannes
Gratulation zu euren schnellen Zeiten! Immerhin beruhigt es mich, dass ihr nicht – wie von mir bisher immer vermutet – absolut hitzeresistent seid und auch ein wenig Tempo rausnehmen musstet ;-)
Den Drittelmarathon im Frühjahr solltest du unbedingt mal machen, kann ich nur empfehlen!