Aus Termingründen kann ich den langen Wochenendlauf nicht mit meinen Marathonvorbereitungs-Partnern Andreas V. und Klaus am morgigen Sonntag machen, sondern musste bereits heute alleine den 30er durchziehen.
Damit es aber nicht ganz so langweilig wird, habe ich mir zum ersten Mal eine (neue) Strecke auf den Garmin Forerunner geladen und mich von ihm leiten lassen. Warum nach so vielen Laufjahren erst jetzt, weiß ich nicht, kenne ich doch seit langem einen begeisterten Garmin-Navigator, nämlich Eddy, der bereits von seinen Abenteuern berichtet hatte.
Um den Spaßfaktor zu erhöhen, hat die Laufuhr mir auch noch einen Virtuellen Partner mit auf die Reise gegeben…
Die Strecke hatte ich mir bereits vor Wochen auf gpsies.com zusammengestellt. Dort kann (muss) man zur Strecke auch die gewünschte Geschwindigkeit eingeben, die die Garmin dann als Tempo des virtuellen Partners vorgibt. Ich habe mal einfach 5:50 min/km eingegeben und nahm mir zusätzlich auch vor, möglichst keine Pausen zu machen.
War ganz schön spannend, als ich dann morgens um 7 Uhr vor der Tür stand und die größtenteils unbekannte Strecke auf dem Forerunner startete. Den Anfang der Strecke kannte ich ja, das half, sich an die Anzeige der Navigation zu gewöhnen.
Die erste spannende Stelle kam, als ich den bisher unbekannten Abzweig nach Heinersdorf nehmen musste. Den virtuellen Partner (weißer Pfeil auf dem Display) hatte ich etwas vorauslaufen lassen und konnte schön verfolgen, wie er nach rechts abbog. Also hinterher!
Nachdem ich durch das kleine Örtchen gelaufen war, befand ich mich auch schon auf dem Weg nach Teltow.
Dort überquerte ich die Straße und bekam von der Garmin angezeigt, wo ich weiter lang musste. Kannte ich aber auch schon, es war nämlich der Weg nach Ruhlsdorf, den wir letzte Woche zum ersten Mal gelaufen waren. Plötzlich hörte ich schnelle Laufschritte hinter mir, und ein Läufer überholte mich! Meinen Gruß erwiderte er nicht und war schnell weit voraus. Erstaunt stellte ich fest, dass er – ebenso wie ich – das Laufshirt der Sportscheck-Laufserie trug. War das etwa mein Alter Ego, mein fleischgewordener virtueller Partner?
Irgendwo auf dem Weg nach Ruhlsdorf bog er ab und ich konnte meinen Läuferblick entspannt auf etwas anderes richten: Die Kirche von Ruhlsdorf tauchte am Horizont auf.
Manchmal zeigte die Garmin Forerunner sowohl die Strecke als auch die beiden Pfeile für mich und meinen virtuellen Pacemaker, manchmal war die Strecke aber auch nicht zu sehen und nur zwei Pfeile bewegten sich über das Display. Keine Ahnung, nach welchen Gesetzen das geschah. Wie im richtigen Leben ließ ich aber vorsichtshalber den ortskundigen Mitläufer vorauslaufen.
Nun war ich durch Ruhlsdorf gelaufen und auf dem Weg nach Stahnsdorf. Völliges Neuland. Es sah hier recht ländlich und idyllisch aus.
Ein Wegweiser am Feldrand bestätigte mir, dass meine Laufuhr-Navigation bisher verlässlich war. Richtung Machnower Schleuse war genau richtig.
Auf der Karte bei GSPies hatte „Grüner Weg“ gestanden, und es hatte recht einfach ausgesehen. Ich weiß aber wirklich nicht, ob ich diesen Weg so einfach ohne die Garmin-Navigation gefunden hätte. Ein paar Laufschritte nach rechts… falsch, sagte die Uhr! Also doch geradeaus und weiter auf dem Feldweg.
Ich freute mich, dass ich jetzt mitten durch die schönste Pampa lief und mir keine Gedanken machen musste, ob ich evtl. nicht doch auf dem falschen Weg sei: Der virtuelle Partner lief unbeirrt weiter geradeaus und ich hinterher.
Am Feldrand standen hin und wieder merkwürdige Schornsteine.
Kurz darauf gab es die erste wahre Bewährungsprobe für meine Navigation am Handgelenk. Der Feldweg endete an einer asphaltierten Straße, eine T-Kreuzung gewissermaßen. Ich lief nach rechts… Garmin piepte „Streckenabweichung“… ich lief in die Gegenrichtung… virtueller Partner will nach rechts, also in die verlängerte Richtung des Feldwegs von dem ich kam…
Aber da war ein Erdwall, da gab es keinen Weg! Oder doch? Ich ging ein paar Schritte hinauf, linste rüber, und siehe da: eine neue Asphaltstraße! Also rüber und einen stillen Dank an GPSies, Google und die Garmin-Navigation geschickt ;-)
Ähnlich ging es mir dann ein paar hundert Meter weiter, denn die Asphaltstraße führte im Bogen nach rechts. Die Intuition sagte „weiter auf Asphalt“, und mein weißer Partner-Pfeil sagte „geradeaus in den Trampelpfad“. Und ich lasse meinen virtuellen Partner doch nicht allein!
Ein bisschen merkwürdig war der Weg aber schon…
… und als es plötzlich steil hinab ging und ich auf einem Areal landete, das wie eine Mischung aus Bau- und Abenteuerspielplatz aussah, kamen mir leichte Zweifel.
Am anderen Ende führte ein Sandweg steil hinauf, wie eine Abschussrampe ins Nichts. Mmh. Aber – tadaaa! – es war alles richtig, und ein paar hundert Meter weiter fand ich mich an der Ruhlsdorfer Straße in Stahnsdorf wieder.
Nachdem ich eine größere Kreuzung überquert hatte, war ich schon in Kleinmachnow.
Ich lief am Restaurant Bäkemühle vorbei…
… an dem zwar ein prunkvolles Schild hing, das aber ansonsten kein Lebenszeichen zeigte.
An der Fassade hing eine Gedenktafel zum Wiederaufbau der Bäkemühle im Jahr 1695.
Meine Garmin führte mich jetzt über den Teltowkanal. Von der Badewitzbrücke hatte ich einen schönen Blick auf die etwas entfernter liegende Machnower Schleuse.
Weiter ging es auf einem schön angelegten Laufweg am Ufer des Kanals. Jetzt konnte ich mich eigentlich nicht mehr verirren, weil die restliche Laufstrecke klar war. Diese Erkenntnis führte dazu, dass ich den virtuellen Laufpartner hinter mir ließ. Wie jeder Läufer weiß, beginnt schließlich erst auf der zweiten Hälfte das Rennen ;-)
Nachdem ich einen kleinen Bogen gelaufen war – das Ufer lässt sich hier streckenweise nicht belaufen – kam ich beim Augustinum wieder an den Teltowkanal. Ab hier war die Strecke wieder bekannt, u.a. vom letzten Wochenende. Im Gegensatz zur Strecke vom letzten Sonntag überquerte ich aber heute bereits an der Knesebeckbrücke den Kanal…
… und lief am anderen Ufer weiter.
Ab hier war es ein Heimspiel, ich konnte mich nicht mehr verlaufen und drückte etwas auf’s Tempo.
Die beiden Kilometer bis zur nächsten Abzweigung brachte ich in flotten 5:24 min/km hinter mir. Der virtuelle Partner war nicht mehr zu sehen ;-)
Einen Halbmarathon hatte ich bereits in den Knochen, als ich auf die Kirschbaumallee am Berliner Mauerweg bog, und die Sonne, die mit über 25 Grad vom Himmel strahlte, tat ein Übriges: Ich sehnte so langsam das Ende des Laufs herbei, denn jetzt wurde es anstrengend!
An der Gedenktafel an der Kirschbaumallee blieb ich aber noch kurz für ein Foto stehen: „Kirschbäume gespendet von japanischen Bürgern aus Freude über die Vereinigung unseres Volkes.“ Und darunter das Zitat „Unter den Zweigen der Kirschbäume in Blüte ist keiner ein Fremder hier.“ des japanischen Haiku-Dichters Issa (1763-1827). Insgesamt wurden wohl etwa 10.000 Kirschbäume in Berlin und Brandenburg gepflanzt. An den etwa 1.000 Bäumen der Kirschbaumallee war ich soeben vorbeigelaufen.
Bisher hatte ich nur minimale Orientierungs- und Fotopausen gemacht und im Laufen getrunken. Noch etwa 7 Kilometer bis zum Ende der „offiziellen“ Strecke…
Mit großer Konzentration versuchte ich, trotz der Hitze und der müden Beine, das Tempo halbwegs zu halten. Der Puls stieg immer weiter an und ich versuchte, ihn zumindest unter 140 zu halten (was für mich schon ziemlich hoch ist).
Endlich kam ich – nach etwas über 30 Kilometern – wieder zuhause an, was von der Garmin mit einem freudigen Piepton begrüßt wurde: „Sie haben gewonnen! Training abgeschlossen“.
Immerhin hatte ich auf den letzten 15 Kilometern gegenüber dem virtuellen Partner (der ja mit 5:50 min/km lief) einen Distanzvorsprung von 1,11 km und einen Zeitvorsprung von 6:24 Minuten herausgeholt! Ich hatte mir aber vorgenommen, heute 32 km zu laufen, musste also noch 2 weitere Kilometer dranhängen…
Oh oh, war das schwer! Natürlich bin ich diese beiden Zusatzkilometer langsam gelaufen (etwas über 6er-Schnitt), aber meine Akkus waren auch völlig leer. Am Springbrunnen vor dem Gutshaus Marienfelde habe ich mir noch etwas Wasser über Kopf und Arme geschöpft und auch noch die eine oder andere kurze Gehpause eingelegt, bevor ich dann zum zweiten Mal – und völlig erschöpft – vor der Haustür stand.
Aber stolz war ich schon, über meinen flotten 32er! Immerhin bin ich die ersten 15 km in 5:53 min/km, die nächsten 15 km aber in 5:35 min/km gelaufen. Da ich noch 11 Wochen in der Marathonvorbereitung vor mir habe, werte ich das mal als gutes Zeichen ;-)
PS: Wer es jetzt auch einmal mit der Strecken-Navigation auf dem Garmin versuchen möchte, findet eine gute Anleitung im GPSies Blog.
Coole Idee mit dem virtuellen Gegner… vor allem, wenn Du ihn eigentlich dafür benutzt, den Weg gezeigt zu bekommen. :-) Sehr schlau.
Viele Grüße, Claudi
http://claudigivesitatri.blogspot.de/
Ja, warum erst jetzt? Ich finde das immer eine wunderbare Möglichkeit, neue Gegenden zu erkunden!
Aber vermutlich kennst du dich in deinen Laufgebieten einfach zu gut aus, als dass du so etwas brauchen würdest.
Dass der Pfad manchmal nicht mehr dargestellt wird, ist leider eine kleine Macke des 310ers, das hatte der 305er noch nicht. Bei mir hilft es dann immer, ein oder zwei Stufen raus zu zoomen. Nach etwas Warterei klappt auch das reinzoomen wieder.
@Claudi
Das Problem mit dem virtuellen Partner: Er ist obligatorisch, und man muss schon beim Raufladen der Strecke entscheiden, wie schnell er sein soll. Ich kann mir vorstellen, dass das auch manchmal nervt. Aber bei mir hat es ja gut geklappt, und er hat brav getan, was er sollte ;-)
@Hannes
Ich war tatsächlich beim Laufen so begeistert, dass ich mir dieselbe Frage gestellt habe: Warum erst jetzt? Danke für den Tipp mit dem Rein- und Rauszoomen. Ich hatte schon die Ahnung, dass es eine kleine Macke ist, denn es war keine Logik zu erkennen.
Siehste: es ist total spannend, sich auf unbekanntem Terrain auf seinen Laufcomputer zu verlassen. Ein völlig neues Lauf-Erlebnis!
Wie Du das schaffst, trotz unzähliger Foto-Stops noch so ein Tempo vorzuhalten, ist mir ein Rätsel. Aber das kannst Du mir ja heute Mittag erklären:
Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Lauf!
@Eddy
War auf jeden Fall ein Super-Tipp von dir mit der Garmin-Navi! Noch schöner ist ja nur ein Lauf mit realem Partner, und das machen wir nachher ;-)