Am Donnerstagmorgen überraschte mich meine Freundin NINA mit einer noch nie gesehenen Warnung: Es sei ein Wildtier in meinem Laufrevier unterwegs! Aber richtig interessant wurde es nach der dicken Überschrift erst im Kleingedruckten… es sollte sich vermutlich um eine Löwin handeln! LÖWIN? Da stand ich nun um kurz nach 5 Uhr morgens in meinen Laufklamotten und war genauso verunsichert wie alle anderen Beteiligten, von der Polizei über den Kleinmachnower Bürgermeister bis hin zu dem Tier selbst. Vorsichtshalber habe ich dann meine Laufrunde in eine Gymnastik- und Ruder-Einheit umgewandelt. Aber was sollte aus der Freitagsrunde werden? Das Tier war immer noch nicht eingefangen und die Verunsicherung nicht gewichen. Obwohl Andreas IV. im Vorfeld Lust auf eine Löwin-Safari bekundet hatte, entschied ich mich, statt der Runde durch das Brandenburger Umland eine Strecke durch die Stadt zu planen. Wenn es nämlich zu einem plötzlichen Wettlauf zwischen uns dreien und einer Löwin käme, würde garantiert ich den Kürzeren ziehen. Von wegen: Den Letzten beißen die Löwen. Naja, und abenteuerlich kann es auch in der Stadt sein. Also los…
So liefen Andreas IV., Klaus und ich zuerst über die Grüne-Flecken-Route und kamen anschließend an der Kirche Alt Lankwitz vorbei. Dass auch eine Stadtrunde nicht ungefährlich ist, zeigte uns der Zwischenfall kurz darauf. Auf der Edenkobener Straße wurde Klaus von einem Radfahrer „aufgegabelt“. Gut, wir liefen auf dieser einsamen Nebenstraße auf der schmalen Fahrbahn, aber ausgerechnet als wir ihn bemerkten und nach rechts auf den Fußweg wollten, versuchte er uns rechts zu überholen… Glücklicherweise war niemand zu Schaden gekommen. Aber obwohl wir uns freundlich bei ihm entschuldigten, ließ er einen analogen Solo-Shitstorm auf uns los, der uns noch die nächsten Meter beschäftigte. Schön, dass uns der nächste Streckenabschnitt wieder ablenkte, denn jetzt ging es über einen Steg und am anderen Ufer die Treppen hinunter zum Teltowkanal.
Auf einem sehr schmalen Trampelpfad liefen wir direkt am Ufer entlang.
Unter einer eisernen Bahnbrücke hindurch…
… kamen wir zur nächsten Brücke, wo es eigentlich einen Treppenaufgang geben sollte. Aber der einzige, den wir fanden (auf der anderen Seite gab es keinen), war gerade teilweise Baustelle. Blöd, aber nicht zu ändern, also hoch da.
Wir konnten nun auf einem Parkweg etwas oberhalb des Ufers weiterlaufen, um zur nächsten Brücke zu kommen. Dort erwartete uns doch tatsächlich die nächste Baustelle! Alles mit Holzzäunen abgesperrt. Aber irgendwie mussten wir hoch zur Brücke, da diese uns zurück nach Hause bringen sollte. Also wieder ein Stück zurück gelaufen, um über einen Umweg zur Brücke zu kommen.
An der Bahnbrücke an der Attilastraße kamen wir wieder heraus. Hier wurde ebenfalls gebaut, aber kräftig! Ein Meer von rot-weiß-gestreiften Plastik-Baken… Zuerst liefen wir an den Baustellenabsperrungen entlang auf dem markierten Radweg, aber als dieser dann direkt in die verengte Straße unter der Brücke überging, war der Spaß zwischen BVG-Bussen und Autos für uns vorbei. Wir standen noch etwas ratlos im rauschenden Verkehr, da rief ein Mann aus dem offenen Imbiss-Fenster im S-Bahnhof zu uns herüber und deutete auf den Bahnhofseingang. Sehr nett, danke für den Tip, wir konnten durch die kleine Bahnhofshalle auf die andere Seite!
Nach dem Verkehrstrubel genossen wir den idyllischen Blick von der Teubertbrücke um so mehr.
Klaus nahm ein paar technische Details in den Blick und ich die Stratocumili im Kanal (bevor jemand die Augenbrauen hebt: so etwas weiß ich nicht, ich hab es recherchiert ;-)
Nun sollte es auf schnellstem Weg wieder nach Hause gehen. Über das Areal des Alten Gaswerks Mariendorf kamen wir zur Lankwitzer Straße und liefen gegenüber in eine kleine Nebenstraße hinein. Hier steht ein Amazon Logistikzentrum, und wir konnten beim Vorbeilaufen an der Hallenrückseite hören, dass die Belegschaft während der Arbeitszeit mit fröhlicher Musik beschallt wird. Als wir das hinter uns gelassen hatten, gab es noch Plastikmüll in Press-Quadern bei einem Recycling-Unternehmen zu bestaunen.
Bei der Anlieferung der kostbaren Fracht schien so einiges vom Laster zu fallen. Kann passieren. Dass sich anscheinend niemand dafür zuständig fühlt, ist allerdings traurig.
Nach einer weiteren Großbaustelle des Morgens – der Bahnbrücke über die Marienfelder Allee (weiß wahrscheinlich auch von den Einheimischen kaum jemand, dass die Karl-Theodor-Schmitz-Brücke heißt) – kamen wir wieder zuhause an. 12 Kilometer Stadt-Abenteuer voller interessanter Eindrücke, durchaus sportlich und absolut löwenfrei. Ein gelungener Start in den Freitag!
PS: Die Löwin entpuppte sich im Laufe des Freitags als Wildschwein (vermutlich), worauf sofort das inzwischen allseits beliebte Berlin-Bashing einsetzte. Völlig egal, dass es um eine Geschichte in Kleinmachnow/Brandenburg ging – Witze, Memes und Sprüche von allen Seiten. Ich bin ja nur Zugereister und habe durchaus auch so einiges an der Stadt auszusetzen, aber so langsam wird mir das etwas zu einfach und billig. Passiert eigentlich im Rest des Landes nichts?