Lauf-Blog für Läuferinnen und Läufer der F-Klasse

Lauf auf dem Jakobsweg von Berlin nach Leipzig – Etappe 4: 20 km von Lutherstadt Wittenberg nach Kemberg

Veröffentlicht am 25.06.2023 | 2 Kommentare

Karte mit der Strecke von Lutherstadt Wittenberg über Klitzschena, Bergwitz und Bergwitzsee nach Kemberg

Nach der Marathon-Etappe vom Vortag war ich froh, dass es an diesem Tag nur eine „leichte“ Etappe werden würde. Ich schreibe das in Anführungszeichen, weil ich zu diesem Zeitpunkt schon 114 Kilometer in drei Tagen hinter mir hatte – ein Umfang, den ich noch nie zuvor absolviert hatte. Aber das geriet im Laufe des Tages völlig in den Hintergrund, denn es gab eine böse Überraschung, die fast das Ende unserer Aktion bedeutet hätte…

Radfahrer steht am Rad und überprüft das Gepäck

Wir starteten um 10 Uhr bei angenehmen 17 Grad gemeinsam spazierend. Den Weg durch die Innenstadt wollten wir für ein bisschen Sightseeing nutzen, da konnte man nicht überall Fahrrad fahren – und alle paar Meter beim Laufen stehen zu bleiben, machte auch keinen Sinn.

Stadtkirche Lutherstadt Wittenberg

Erstes Fotomotiv war die Stadtkirche Lutherstadt Wittenberg. Hier hat damals Luther gepredigt…

Luther-Denkmal auf dem Marktplatz vor dem Rathaus

… dessen Denkmal seit 1821 auf dem Marktplatz steht. Es war damals das erste Mal, dass ein Nichtadliger derart öffentlich geehrt wurde.

Metallgeländer an dem bunt bemalte Kinder-Gummistiefel, mit Blumen bepflanzt, hängen

An einem kleinen Wasserkanal hingen bunt bemalte Kinder-Gummistiefel.

Historisches Schild mit Informationen zu Lucas Cranach über dem Eingang der Cranach-Apotheke

Am Markt liegt auch die Apotheke, die einst Lucas Cranach geführt hat. Er war nicht nur ein berühmter Maler, sondern gleichzeitig auch Apothekenbesitzer, Buchdrucker und langjähriger Bürgermeister der Stadt Wittenberg.

Sandmännchen- und Pittiplatsch-Figuren sowie Bücher und Mosaik-Comics in einem Schaufenster

In einem Schaufenster im Haus der Geschichte waren Sandmännchen und Pittiplatsch zu sehen, neben Büchern und Mosaik-Comics.

Große Plastik-Eiswaffel neben Palmen-Topf vor einem Eis-Café, im Hintergrund der Turm der Schlosskirche

Auf dem Weg zur Schlosskirche kam kurzzeitig sommerliches Urlaubs-Feeling auf.

Einfarbige Tassen in rot, grün, gelb, blau, etc. arrangiert in Nischen einer Ziegelstein-Mauer

Eine nette Idee, die bunten Tassen in der Ziegelmauer.

Schlosskirche Lutherstadt Wittenberg

Wir erreichten die Schlosskirche Wittenberg

Einzelne Frau in Sport-Kleidung vor der Luther-Thesentür an der Schlosskirche Lutherstadt Wittenberg

… an der man die berühmte Thesentür bewundern kann. Natürlich nicht mehr das Original, sondern eine Nachbildung, die die Thesen als Relief enthält.

Eingang zum Schlossturm mit Metall-Drehkreuz

Gleich daneben der Eingang zum Turm. Den hatte uns der Pensionswirt in Treuenbrietzen wegen des Ausblicks wärmstens empfohlen. Aber nach 42 Lauf-Kilometern hatte ich den Tag zuvor keine Lust mehr, weit über 100 Treppenstufen zu steigen.

Metall-Skulptur im Luthergarten Andreasbreite

Einmal um die Schlosskirche herum und wir waren im Luthergarten. 500 Bäume, gepflanzt  anlässlich des 500. Jahrestages der Reformation, und in der Mitte ein Kreuz, das ich erst so richtig auf Wikipedia erkannt habe.

Schild mit Informationen zum Luthergarten Andreasbreite

Man könnte natürlich auch Hinweistafeln lesen… Wieder ein Fun Fact am Rande: Hier standen jetzt zwei Andreasse an der Andreasbreite.

Mast einer Fußgängerampel, mit Aufklebern des 1. FC Union beklebt

Was uns auffiel: Nachdem auf der bisherigen Strecke hauptsächlich Hertha-Fans ihre Liebe zum gerade abgestiegenen Hauptstadtverein mit Graffiti und Aufklebern bekannt hatten, kamen wir jetzt so langsam in das Gebiet der Fans des 1. FC Union (ebenfalls Hauptstadtverein, nur aktuell mit Champions-League-Teilnahme etwas erfolgreicher).

Läufer auf Weg zwischen Autostraßen-Blenden links und Leitplanke mit Geländer rechts

Natürlich hatte ich schwere Beine vom Vortag, aber da diese Etappe nur kurz sein würde, ignorierte ich das einfach.

Schild „Elbe“ am Beginn einer großen Brücke

Ich lief auf die Elbe-Brücke…

Fußweg einer großen Brücke, links spannen sich große Brückenbögen zwischen denen die Autofahrbahn verläuft

… und Andreas V. fuhr auf dem Rad immer voraus.

Blick über das rote Brückengeländer auf die Elbe

Die Zeit für Fotos war auf jeden Fall drin an diesem „Regenerations-Tag“.

Am Rande einer großen Kreuzung steht ein Metallpfahl mit vielen, vielen Hinweisen auf Rad- und Wanderwege (Jakobsweg, Lutherweg)

Am anderen Elbufer erwartete uns ein Schildermeer: Gleich mehrere Rad-Routen verliefen hier, und der Jakobsweg war nun auch gleichzeitig ein Lutherweg.

Großer Findling mit Gedenktafel an das Elbe-Hochwasser

Kurz darauf ein Findling, der an das Jahrhunderthochwasser 2002 erinnern sollte. Damals brach an dieser Stelle der Schutzdeich und der Ortsteil Pratau, an dem wir vorbeiliefen, stand 1,70 m unter Wasser.

Hinweisschilder mit sehr vielen Radweg-Logos, der Jakobsweg-Aufkleber ist darunter leicht zu übersehen

An dieser Stelle sah ich den Hinweis auf den Jakobsweg vor lauter Schildern nicht – es ist der kleine vergilbte Aufkleber unter den zahlreichen anderen Symbolen.

Auf dem Straßen-Asphalt markiertes Logo des Europa-Radwegs R1

Dieser Abschnitt war für Andreas V. auf dem Rad gut zu fahren, handelte es sich doch um den Europaradweg R1, aber auch die D-Netz-Route D3, den Radweg Berlin-Leipzig und den Elberadweg.

Leicht geschwungener Weg zwischen den Feldern bis zum Horizont

Die Stadt lag nun hinter uns – und vor uns weite Felder.

Rastplatz mit Sitzgruppe aus Metall, auf dem Tisch eine Vase mit Blumen

An einem Rastplatz mit Vase und frischen Blumen kann man einfach nicht vorbei laufen…

Blick in eine kleine Kühltasche mit Thermoskanne, Iso-Getränk und Banane

… und Andreas V. öffnete für mich das reich bestückte „Bord-Bistro“.

Läufer mit Trink-Rucksack auf einem Asphaltweg zwischen dichten Büschen und Bäumen

Erfrischt ging es weiter, und ich lief zufrieden vor mich hin.

Asphaltweg mit Büschen und Bäumen

Rad-Begleiter Andreas V. konnte sich nach den strapaziösen Sandwegen der letzten Tage nun auf wunderbar asphaltierten Radwegen erholen.

Landstraße mit vorübergehenden Leitplanken rechts und links, im Hintergrund der Begleit-Radfahrer

Eine einsame Landstraße führte uns nun…

Ortsschild Klitzschena, Stadt Kemberg, Landkreis Wittenberg

… nach Klitzschena. Das gehörte immerhin schon zur Stadt Kemberg, unserem Zielort für diesen Tag.

Kirche Klitzschena, im Vordergrund ein altes Backstein-Haus

Vorbei an der Kirche…

Ortsausgangsschild Klitzschena, bis Bergwitz 3 km, auf der schmalen Landstraße kommt ein LKW entgegen

… und wieder raus aus dem Dorf. Das Laufen auf den schmalen Landstraßen war nicht angenehm, denn die Autos reduzierten nur selten ihr Tempo.

Mohnblumen in einem hellen Weizenfeld

Ich gewöhnte mir an, jedes Mal stehen zu bleiben und einen Schritt nach links ins Feld zu gehen, um mehr Sicherheitsabstand zu den heranbrausenden Rüpeln und Rüpelinnen zu haben. Der Anblick der schönen Felder versöhnte dann aber gleich wieder mit der Welt.

Landstraße mit bröckeligem Asphalt-Rand

Allzu sehr durfte man beim Laufen aber nicht träumen, denn es ging immer an der „Abbruchkante“ entlang.

Ortsschild Bergwitz, Stadt Kemberg, Landkreis Wittenberg

Wir kamen nach Bergwitz hinein.

Bahnhofsanlagen am Bahnhof Bergwitz

Der wolkige Himmel war ganz angenehm, aber es war trotzdem warm genug (um diese Zeit vielleicht etwas über 20 Grad).

Rad-Begleiter fährt eine Rampe am Bahnhof hinab

Beim Bahnhof unterquerten wir die Bahnstrecke…

Graffiti-beschmierter Tunnel zwischen den Bahnsteigen

… durch einen Graffiti-beschmierten Tunnel…

Einzelne Lok fährt an den Bahnsteigen durch

… und warteten auf der anderen Seite auf die per Durchsage angesagte Zugdurchfahrt. Mal etwas Abwechslung, einen durchrauschenden Zug sehen… Es kam dann aber nur eine einzelne Lok.

Alter Schriftzug „Grundschule“ aus Einzel-Buchstaben an zwei Metallstangen, darunter Banner „Runter vom Gas!“

Das Schild für die Grundschule war anscheinend (typografisch) schon etwas älter…

Altes Bus-Wartehäuschen aus Beton an einer Wendeschleife

… ebenso wie (bautechnisch) das Wartehäuschen an der Busschleife.

Info-Tafel „Der Kohle auf der Spur“ mit Karte vom Bergwitzsee und seiner Umgebung

Zu den vielen Radstrecken kam nun auch noch der „Erlebnis-Rad- & Wanderweg Kohle | Feuer | Seen“ hinzu. Der Bergwitzsee ist nämlich aus dem Tagebau entstanden, der in Bergwitz mal eine große Rolle gespielt hat – 1916 kam hier sogar der erste Schaufelradbagger Deutschlands zum Einsatz.

Sehr viele Hinweisschilder ür Rad- und Wanderwege an einem Pfahl, darunter ein Schild „Tiere baden verboten!“

Wieder ein Suchspiel im Schilderwald: Wo ist die Jakobsweg-Muschel versteckt?

Blick über eine großen Sandstrand auf den weiten Bergwitzsee, am Ufer der Rad-Begleiter

Vor uns lag jetzt der Bergwitzsee. Andreas V. wäre so gerne geschwommen, aber es reichte nur für einen Blick über das Wasser und ein paar Fotos für die Threema-Gruppe.

Container-Gebäude am See mit großem Logo „Bergwitzer Angelverein – seit 1963“ an der Wand

Wir liefen am See entlang und hatten ihn dann bald nach dem Angelverein hinter uns gelassen.

Wiese mit vielen blauen Kornblumen

Kurz nachdem ich das Feld mit den Massen von blauen Kornblumen bewundert hatte, passierte es: Ich lief auf einem breiten Schotterweg vor mich hin und bemerkte auf einmal, dass Andreas V. stehen geblieben war und sein Rad betrachtete. „Was ist los?“ „Das Tretlager blockiert!“ „Vielleicht Steinchen im Kettenschutz-Kasten?“ „Vielleicht, es lässt sich auf jeden Fall nicht drehen.“

Rad-Begleiter schiebt sein bepacktes Fahrrad auf einem schmalen Pfad

Aber unsere gemeinsame Ursachenforschung brachte nichts, so dass nichts anderes übrig blieb, als das Rad zu schieben. Es waren nur noch 2 km bis zum Ziel der heutigen Etappe, so dass wir nun gemeinsam spazierten.

Asphalt-Radweg entlang einer Straße

Am Ende zog es sich doch noch sehr lang sich hin. Andreas V. rollte manchmal im Tretroller-Stil, wenn es leicht bergab ging. Spaß machte das nicht.

Altes Lager-Gebäude mit mehrfach übermalter historischer Firmierung und Solar-Paneelen auf dem Dach

Ich fotografierte nebenbei im Gehen, um mich abzulenken…

Stein-Skulptur eines schmollenden Gnoms mit Hundekopf auf einer Gartenmauer

… aber der Gnom auf der Gartenmauer spiegelte unsere Stimmung schon sehr gut wider.

Laufuhr zeigt Distanz von 20,48 km

Um 13:40 Uhr hatten wir die Etappe geschafft und kamen am Schützenhaus Kemberg an.

Kleiner Schreibwaren-Laden mit Schultüten und Spielzeug-Kipper im Schaufenster

Die darauffolgenden Reparaturversuche im Hof brachten nichts, und die Stimmung ging immer weiter in den Keller. Da fiel uns ein, dass auf der Jakobsweg-Rad-und-Wanderkarte auch Fahrradläden eingetragen waren. War zufällig einer in der Nähe? Tatsächlich! Wir konnten es kaum glauben, aber nur ein paar hundert Meter von uns sollte laut Karte einer sein! Kurz im Web gegengecheckt: Ja, den schien es noch zu geben, aber gerade war Mittagspause.

Rad-Begleiter schiebt das Fahrrad zum Fahrrad-Geschäft

Nachdem wir die Mittagspause abgewartet hatten, machten wir uns auf den Weg. Der freundliche Herr Mattheß wusste sofort, woran es lag: Das Tretlager war auf der linken Seite herausgekommen! Das sei kein Problem, die Reparatur sei am späten Nachmittag fertig.

Postdistanz-Säule in Kemberg

Was für ein Glück! Für eine Zeit lang hatte ich befürchtet, dass unsere Leipzig-Tour vorzeitig in Kemberg enden würde. Jetzt machte sich große Erleichterung breit. Fast wie auf Wolken gingen wir nun auf Sightseeing-Tour durch das Städtchen. Von der Postmeilensäule hatte ich vorher gelesen…

St. Marien Kirche in Kemberg, daneben das Rathaus

… aber auch das Rathaus und die St.-Marien-Kirche waren sehr interessant und lagen idyllisch im Ortskern. Auch in dieser Kirche hatte Luther übrigens früher manchmal gepredigt.

Eisportionen in trichterförmigen Gläsern auf einem Tisch des Eis-Cafés

Jetzt hatten wir uns auf den Schreck wirklich ein Eis verdient!

Gebäude Feuerwehr Kemberg, daneben ein großes Wandgemälde zum Thema Feuer und Ort

Auf dem Rückweg zur Unterkunft sahen wir ein Feuerwehr-Feuer-Gemälde…

Hellblauer Trabant fährt über Parkplatz

… einen Trabi…

Historisches Eck-Gebäude mit altem Schriftzug über der Tür „Kolonialwaren, Delikatessen“

… und ein altes Eckgebäude mit historischer Beschriftung.

Schützenhaus Kemberg mit renovierter Fassade mit großem Schützen-Wappen

„Unser“ Schützenhaus Kemberg war auch historisch, aber – Achtung, Wortwitz – etwas besser in Schuss.

Innenhof mit vielen Bäumen und Sträuchern und mehreren Sitzgruppen sowie einem alten Brunnen mit Dach

Bei einer kalter Apfelsaftschorle im Hof warteten wir auf den erlösenden Anruf, der dann auch bald kam: Das Rad war repariert und abholbereit!

Handgeschriebene Rechnung zur Fahrrad-Reparatur

Andreas V. holte sein Fahrrad ab, alles war bestens, es konnte morgen weiter gehen. Puh! Danke noch einmal an dieser Stelle, Herr Mattheß, Sie haben unsere Tour gerettet!

Flasche „Lübzer 0% Naturradler“ im dunklen Vordergrund, im Hintergrund unscharf ein Fußballspiel im TV

Nach einem sehr entspannten Abendessen im örtlichen Asia-Imbiss erholte ich mich später im Zimmer und sah noch das Fußball-Relegationsspiel Arminia Bielefeld : SV Wehen Wiesbaden. Aber dann war auch Feierabend, Licht aus – am nächsten Tag würde es weiter gehen… zum Glück!

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F-Klasse-Laufen, Lauferfahrungen

2 Kommentare zu “Lauf auf dem Jakobsweg von Berlin nach Leipzig – Etappe 4: 20 km von Lutherstadt Wittenberg nach Kemberg”

  1. Andreas IV sagt:

    Danke auch von meiner Seite an Herr Mattheß, weil es so mit den tollen Tagesberichten weitergeht :-)
    Andreas IV

  2. Andreas sagt:

    Der nette und kompetente Herr Mattheß war in jeder Hinsicht ein absoluter Glücksfall. Aber wir wollen auch nicht seine ebenso nette und kompetente Frau vergessen, die rat- und tatkräftig zur Reparatur beigetragen hat!

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