„Der S25 wird zum S25,4!“ hatte der Veranstalter im Vorfeld verkündet. Aufgrund einer kurzfristigen Straßensperrung mussten wir nämlich einen Umweg laufen, und auch der letzte Abschnitt zum Stadion war anscheinend umgeplant worden. Er versprach also, etwas Besonderes zu werden, mein 16. Lauf über die 25 Kilometer zum Berliner Olympiastadion…
Da wir uns an der S-Bahn verpasst hatten, war ich alleine angereist. Es war noch nicht viel los, als ich ankam, so dass ich mich in Ruhe fertig machen konnte. Und dann traf ich auch schon die anderen. Klaus, Lisa, Jakob, Josefine und Anke wollten ebenfalls die 25 Kilometer laufen, Monika war für die 10 Kilometer gemeldet.
Weil ich die Tage vorher nicht so ganz frei von Zipperlein gewesen war und vor meinem Leipzig-Projekt nichts riskieren wollte, hatte ich zwei Ziele definiert: Verletzungsfrei ankommen und eine „entspannte“ Zeit zwischen 2:30 und 2:40 h laufen. Das wäre ein Schnitt von ca. 6:20 min/km. Klaus wiederum wollte den Lauf zusammen mit Lisa im 6er-Schnitt angehen. Alle anderen legten sich ebenfalls ihre Ziele und Partner:innen fest, und dann wurden wir auch schon auf die Strecke geschickt!
Natürlich ging es flotter los als geplant… Das ist bei den leicht abschüssigen ersten Kilometern und der allgemeinen Starteuphorie noch nie anders gewesen.
Mein erster Kilometer ging dann auch mit deutlich unter 6 Minuten durch. Kein Problem, dachte ich mir, ganz entspannt weiterlaufen und versuchen, sich bei den „muskulaturschonenden“ 6:20 min/km einzupendeln.
Klaus und Lisa konnte ich ab und zu noch vor mir sehen. Aber ansonsten war ich im Flow und gespannt auf die erste Streckenabweichung. Kurz darauf war es soweit: Am Theodor-Heuss-Platz bogen wir schräg rechts ab in die Masurenallee, statt geradeaus weiterzulaufen.
Es fühlte sich merkwürdig an, denn sonst ist dieser Abschnitt immer das Schlussstück, welches wir nun in die Gegenrichtung liefen!
Das ICC lag auf einmal ungewohnt rechts am Streckenrand.
Auf der Neuen Kantstraße kamen uns die ersten 10-km-Läufer:innen entgegen, die in diesem Jahr keinen Bogen liefen, sondern nach einem U-Turn direkt wieder den Rückweg antraten (was Monika nicht so toll fand).
Wir anderen schwenkten wenig später links in die Fritschestraße ab…
… und dann wieder rechts auf die Bismarckstraße, womit wir wieder auf der gewohnten Strecke waren. Ich hatte im Vorfeld ein wenig damit gehadert, dass ich diesen Lauf langsamer als sonst laufen „musste“. Da war das Schild, das jemand an der Ecke hochhielt, doch tröstend: „Wie langsam du auch läufst, du schlägst alle, die zu Hause bleiben.“ Genau!
Der Witz war aber auch, dass ich Kilometer für Kilometer einen 6er-Schnitt und somit schneller als geplant gelaufen war. War das vernünftig? Riskierte ich gerade eine Verschlimmerung meiner Zipperlein, die sich tatsächlich immer mal wieder kurzzeitig meldeten, dann aber wieder verschwanden?
Zwischendurch hatte ich beschlossen, nach einem Drittel der Strecke Tempo rauszunehmen und mich meinem geplanten „Vernunft-Tempo“ anzunähern.
Aber nun waren fast 10 Kilometer vorüber, ich war immer noch bei der glatten „6“ – und es fühlte sich doch so richtig an!
Ok, dann die Stimmung am Brandenburger Tor genießen und einfach so weiterlaufen. Aber spätestens bei Kilometer 15 wird rausgenommen! Du ärgerst dich sonst wahnsinnig, wenn du den heutigen Tag mit einer Laufverletzung beendest…
So lief ich denn Kilometer für Kilometer weiter, vorbei am Gendarmenmarkt…
… und dem Potsdamer Platz. Von Klaus und Lisa hatte ich schon lange nichts mehr gesehen…
… die liefen gerade bei Kilometer 15 auf Andreas V. zu, der wieder als Streckenposten im Einsatz war.
Kurz darauf kam auch ich an die Stelle und nestelte schnell das Handy heraus für ein Andreas-V.-Foto.
Für ein paar kurze Sätze blieb ich bei ihm stehen, und er erzählte mir, dass die beiden anderen nur ein, zwei Minuten vor mir durchgelaufen wären.
Guter Dinge lief ich weiter. Inzwischen war die Sonne richtig herausgekommen, was man beim Laufen schon spürte.
Eine weitere Trommelgruppe trieb das Feld voran…
… in Richtung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.
Auf der Kantstraße lief ich auf den Pacemaker für die 2:30 h auf und überholte das kleine Grüppchen, das sich um ihn geschart hatte.
Es gab auf der gesamten Strecke zwar nicht viele Zuschauer:innen, aber die einzelnen, die man sah, waren toll und feuerten Läuferinnen und Läufer mächtig an.
Etwas irritierend war, dass die Kilometerschilder aufgrund der Umleitung früher kamen als bei den vergangenen Läufen. Die Halbmarathonmarke tauchte dadurch kurz hinter dem Getränkestand „oben“ am Ende der Neuen Kantstraße auf, nicht wie sonst am Theodor-Heuss-Platz.
Neue Kantstraße, Masurenallee – dieses Stück ist immer das anstrengendste, weil es sanft aber beharrlich „bergauf“ führt. So einige gingen hier, aber ich hatte beschlossen, mir jetzt etwas mehr Zeit zu gönnen, aber durchzulaufen. Mein Vorsatz, bei km 15 zum geplanten 6:20-Tempo zu wechseln, hatte sich irgendwie in Luft aufgelöst, aber immerhin hatte ich es geschafft, einen Hauch langsamer zu werden…
… und war dabei so entspannt wie selten auf den letzten Kilometern eines Laufs.
Nach der langen Reichsstraße bog ich in die Olympische Straße ein, sah das Stadion – und Klaus und Lisa! Noch ein kurzes „Fotoduell“ mit einer Fotografin und dann zog ich das Tempo an.
Beflügelt vom Gedanken, gemeinsam mit den beiden ins Stadion einzulaufen, verringerte sich der Abstand immer schneller…
… bis ich sie dann etwa bei km 23,5 eingeholt hatte. Überraschung! Die beiden freuten sich ebenso wie ich über das unerwartete Wiedersehen, …
… und zusammen machten wir uns an die letzten zwei spannenden Kilometer. Statt der sonstigen staubigen Piste links am Stadion vorbei, verlief der S25 in diesem Jahr durch den Olympiapark rechts herum.
Wir passierten den Schenkendorff-Platz, auf dem sonst die Hertha-Profis trainieren…
… und auch das Amateurstadion, auf dem Herthas zweite Mannschaft Spiele austrägt.
Jetzt hatten wir die Einfahrt zur Tiefgarage erreicht…
… und liefen über die Rampe nach unten. Irgendwo sah ich die unauffällig platzierte Schwelle mit der Zeitmessung für die 25 Kilometer. Aber in diesem Jahr war eben bei 25 Kilometern noch nicht Schluss, alle liefen konzentriert weiter!
Die Rampe führte ziemlich steil nach unten, was mir nochmal kräftigen Schwung gab.
Ich lief sogar ein paar Meter voraus, um Lisa und Klaus sowie die Trommelgruppe „in Ruhe“ (im Stehen, ohne Lauf-Verwackler) zu fotografieren und holte dann motiviert wieder auf.
Finale! Wir waren im Innenbereich angekommen…
… und liefen auf der blauen Tartanbahn die letzte Dreiviertel-Runde. Lisa zog mit letzter Kraft noch einmal das Tempo an und zu dritt liefen wir ins Ziel ein!
Nachdem wir unsere Medaillen bekommen hatten…
… ließen wir uns noch von einem netten Läufer fotografieren…
… und trafen Anke, Josefine und Jakob, die kurz vorher angekommen waren und im Zielbereich auf uns gewartet hatten. Mit müden Beinen und kurzen Erzählungen zu den Erlebnissen des Rennens ging es nun die Treppe zum Marathontor hinauf.
Das Wetter hatte sich zugezogen: Dichte dunkle Wolken hingen über dem Areal mit den Erfrischungsständen. Wir tankten die Energievorräte wieder auf…
… und machten uns auf den Heimweg. Tschüß, Olympiastadion, war wieder toll!
Und wie war das mit meinen beiden Laufzielen? Abgesehen von sehr schweren Beinen und den vereinzelten „Meldungen“ während des Laufs (linke Kniekehle, linkes Knie, linke Achillessehne), die aber schnell wieder verschwanden, habe ich den S25 gut überstanden – viel besser als erwartet. Laufziel 1: check! Meine Zielzeit über 25 km war 2:30:57. Deutlich schneller als ein Schnitt von 6:20 min/km aber doch zwischen 2:30 und 2:40 h. Laufziel 2: check! Das alles wirklich im Flow und entspannt – sofern ein 25-km-Wettkampf entspannt sein kann.
Über meine Pace-Grafik bin ich etwas erstaunt, denn meiner Meinung nach bin ich sehr viel gleichmäßiger gelaufen (Hallo, Kilometer 3?). Die Laufuhr hatte auch jeweils weit vor den Kilometerschildern gepiepst. Das Tolle an einem 6er-Schnitt ist ja, dass er sich so gut rechnen lässt (5er-Schnitt lässt sich noch besser rechnen, aber lassen wir das ;-) Ich habe also beim Lauf jeden Kilometer exakt auf Höhe des Schildes die vergangene Gesamtzeit auf der Uhr geprüft. Da gab es – gerade im Bereich zwischen km 5 und km 15 – so gut wie keine Abweichung vom 6er-Schnitt… Egal.
Hier noch einmal die geänderte Streckenführung des S25 Berlin 2023.
PS: Danke an Andreas V. für die Fotos und den Support bei km 15 und an meine Mitläufer:innen für den tollen gemeinsamen Lauftag.
Hallo Andreas,
was ein Bericht! Allen Teilnehmenden sende ich ein HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH – TOP LEISTUNG!!
@Andreas I: das ist ja dann mal so richtig Motivation für das “Leipzig”-Abenteuer.
Das Wichtigste ist aber der Spruch, den Du unterwegs gesehen hast. Der sollte immer das Motto sein „Wie langsam du auch läufst, du schlägst alle, die zu Hause bleiben.“
Gruß
Andreas IV
Danke, den Spruch werde ich mir auch merken – und vielleicht mal auf ein Laufshirt drucken lassen;-)