Gestern morgen habe ich den ersten Tag meines Urlaubs mit einem längeren Sightseeing-Lauf begonnen. Erst beim Loslaufen fiel dabei die Entscheidung, alle drei alten Dorfkirchen der Umgebung zu besuchen…
Mein erstes Wegstück führte mich an der Trabrennbahn Mariendorf vorbei, die in den 1920ern zu den größten und meistbesuchten Trabrennbahnen Deutschlands gehörte.
Über die Straße Alt-Mariendorf kam ich…
… zum U-Bahnhof Alt-Mariendorf, an dem schon der Verkehr vorbeirauschte.
Am Rande der vielbefahrenen Kreuzung steht die Dorfkirche Mariendorf, die aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts stammt…
… und somit eine der ältesten Dorfkirchen im Berliner Stadtgebiet ist.
Beim Weiterlaufen fiel mir auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Schaufenster des traditionsreichen Berliner Eis-Cafés Eis-Hennig auf: Lebkuchen?
Anscheinend wird der legendäre Berliner Eisladen in den Wintermonaten vom ebenso traditonsreichen Nürnberger Lebkuchen-Schmidt genutzt. Mit Erfolg, wie es scheint, denn die Artikel im Fenster waren zum großen Teil mit „ausverkauft“-Schildern versehen.
Weiter ging es auf dem Mariendorfer Damm Richtung Süden.
Eine Hauptverkehrsader im Süden Berlins, aber läuferisch eher uninteressant.
Bis auf die kleinen Entdeckungen am Rande. Wie diesen großen Weihnachtsmann-Schlitten, aus dem der Fahrzeughalter anscheinend überstürzt ausgestiegen war, denn das rot-weiße Kostüm hing schlapp über der Brüstung.
Der Weihnachtsstern am Himmel zeigte mir den Weg…
… aber statt einer Krippe fand ich nur einen beleuchteten Blumenladen.
Ein Werbeatelier zeigte ein mannshohes „S“ in seinem Schaufenster, das wechselnd in verschiedenen bunten Farben leuchtete. „S“ wie „Schon schöne Schaufenster-Show!“
Auch im dritten Jahr gab es auf meinen Vorweihnachtsläufen Corona-Test-Container zu sehen.
Ein Plakat warb für einen Zirkus und versuchte, an der tristen Straße Weihnachtsstimmung zu verbreiten.
Dieses Motiv musste ich unbedingt festhalten. Zum einen, weil ich auch mal mit aufs Bild wollte, und zum anderen, weil ich das Angebot sehr praktisch fand: Man verkauft Feuerwerk und bietet gleichzeitig „Schadensregulierung leicht gemacht!“ an.
Die Terrasse dieser Bar hatte sicher auch mal schönere Tage gesehen.
Weihnachtsbaum und Sonnenbrillen – und wer es sich leisten kann, zeigt viel Plastik.
Da sah es vor diesem Blumenladen doch etwas natürlicher nach Weihnachten aus.
Für eine ganze Weile musste ich dann auf dem durch eine Baustelle sehr verengten Fußweg laufen…
… bevor es wieder einen freien Laufweg an einer ruhigeren Straße gab. Und sehr aufwendig dekorierte Häuser, bei denen der Weihnachtsmann persönlich (mit Hund!) an der Tür wachte.
Ich war nämlich inzwischen in die dörfliche Straße Alt-Lichtenrade abgebogen…
… die mich geradewegs in den alten Dorfkern mit dem ehemaligen Pfarrhaus und der Dorfkirche Lichtenrade führte.
Lichtenrade gehört zum früheren Bezirk Tempelhof, in dem es drei weitere Feldsteinkirchen gibt: Tempelhof, Mariendorf und Marienfelde. Sie wurden vom Templerorden gebaut auf dessen Bodeneigentum, um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Dorfkirche Lichtenrade wurde etwa 50 Jahre später errichtet, auf einem anderen Grundrisstyp. Sie ist also – anders als manchmal behauptet – keine Tempelritterkirche.“
aus Wikipedia
Mist, da hätte ich doch gleich auch noch die vierte alte Dorfkirche in Tempelhof mit in den Lauf einbauen können. Das wären aber noch etliche Kilometer mehr gewesen. Man kann nicht alles haben…
Nun sollte es zurück Richtung Heimat gehen – mit der dritten, der Dorfkirche Marienfelde.
Ich schaute mich…
… noch ein wenig auf dem Dorfanger um…
… und staunte über die Größe des Dorfteichs. Nachher auf Wikipedia erfuhr ich, dass er Giebelpfuhl heißt und wohl der größte Dorfteich Berlins ist.
Nach diesem kleinen historischen Ausflug landete ich wenige hundert Meter später wieder in der dezembertrüben Realität des Stadtteils…
… mit großen Baustellen in der Lichtenrader Bahnhofstraße.
Die Geschäfte versuchen das Beste daraus zu machen und ein wenig Weihnachtsatmosphäre zu verbreiten.
Ebenso wie die Deutsche Bahn, die sich mit einem Weihnachtsbaum für die „Engelsgeduld“ der Anwohnerinnen und Anwohner mit der Riesenbaustelle bedankt.
Die historischen Gebäude um den S-Bahnhof standen nach wie vor völlig unbeeindruckt von all dem Trubel an ihrem Platz.
Und auch in den Baucontainern schien die Zeit still zu stehen, denn ich konnte von draußen Poster sehen, wie sie wohl schon vor 50 Jahren so manchen Arbeiterspind zierten.
Noch ein paar Fotos…
… vom ganzen Baustellen-Drumherum…
… und der neuen Gleisanlage mit dem neuem Bahnsteig im Hintergrund…
… und dann ab durch den Bautunnel…
… auf die andere Seite. Hier konnte man schon erkennen, wo die Straße später mal unter der Bahnstrecke durchführen wird.
Es hatte mittlerweile zu nieseln begonnen…
… und ich legte nach all der Fotografiererei einen Lauf-Zahn zu. Besonders, nachdem ich festgestellt hatte, dass der Handy-Akku bald leer sein würde. Wäre doch blöd, wenn ich ausgerechnet die dritte und letzte Dorfkirche nicht mehr im Bild festhalten könnte!
Hat aber noch geklappt, und ich machte erleichtert ein paar Bilder von der Dorfkirche Marienfelde, die als die älteste Berlins gilt. 1220 – 1230 – 1240? Da streiten sich die Experten. Als Marienfelder kenne ich natürlich alle möglichen Fakten zur Dorfkirche, was ich aber erst nach dem Lauf erfahren habe, ist, dass die Kirche Anfang der 1920er-Jahre unter der Leitung des berühmten, damals in Marienfelde wohnenden Architekten Bruno Möhring restauriert und umgestaltet wurde.
So, der Lauf neigte sich dem Ende zu. Ein letztes Bild vom Kirchhof…
… und dann auf der ehemaligen Dorfstraße Alt-Marienfelde…
… mit kleinem Schlenk zum Gutshof…
… und durch den Gutspark Marienfelde mit den beiden Skulpturen…
… und zurück nach Hause! Puh, 16 Kilometer gelaufen, viel gesehen, viel fotografiert und sich dabei noch etwas benieseln gelassen – kann es einen besseren Start in den Weihnachtsurlaub geben?
(Antwort: Ja, aber nur, was den meteorologischen Aspekt des Ausflugs angeht ;-)
Schöne Bildungsreise um alte Dorfkirchen. ?
Bildungsreise trifft es tatsächlich ganz gut, wobei die Bildung bei mir meist erst im Nachhinein durch das Recherchieren und Nachlesen kommt, was ich denn da eigentlich so gesehen habe ;-)