…kommen schon mal so einige unerwartete Laufkilometer hinzu. Und unangenehm kann es auch werden, wie ich im wahrsten Sinne des Wortes schmerzlich feststellen musste…
Das Wetter war herrlich zum Laufen, und so hatte ich beschlossen, meine jährliche „Einmal-den-Deich-entlang-und-zurück“-Runde in Dänemark so weit es ging auszudehnen.
Ich lief also von Marielyst auf dem Deich immer gen Süden, um vielleicht „Danmarks sydligste punkt“ Gedser Odde zu erreichen. Offiziell hört der Deichweg ein Stück vorher auf, und ich war gespannt, ob es mir gelingen würde, irgendwie weiter zu kommen. Zuerst konnte ich noch über eine Wiese laufen…
… und etwas seitlich auch einen Blick auf den Strand genießen…
… doch dann war es auch schon vorbei:
Eine Hecke und ein Schild setzten meinem Lauf Richtung Süden ein Ende! Ein Blick auf die Laufuhr zeigte, dass ich bis hierher 15,6 km gelaufen war. Mit dem Rückweg käme ich also auf etwa 31 km, das sollte machbar sein.
Guter Dinge machte ich also kehrt, genoss die Landschaft…
… und den weiten Blick, und ahnte nicht, dass ich kurz davor war, einen verhängnisvollen Fehler zu machen.
Ich war längst am Deich-Kilometerstein 17 vorbei, als ich beschloss, nun sei es endlich Zeit, ins Landesinnere abzuschwenken. Ich wusste, dass es parallel zum Deich in einigem Abstand eine kleine Straße gab, die ich auf dem Rückweg laufen wollte, um der Monotonie des Deiches zu entgehen.
Ich verließ also den Deich, kam an einigen Ferienhäusern vorbei und landete auf einer Straße. Alles prima, dachte ich. Bis die Straße einen leichten Bogen westwärts machte. Kein Problem, die schwenkt sicherlich wieder zurück. Tat sie auch. Nur um dann kurz darauf wieder gen Westen zu drehen.
Und plötzlich stand ich an einer Stelle, die ich kannte, die aber überhaupt nicht in meine Planung passte: Direkt an der Gedesby Mølle am Gedser Landevej, der Autostraße vom Fährhafen Gedser nach Norden! An der Autostraße wollte ich nun wirklich nicht laufen, also machte ich einen Versuch, einen Seitenweg zu laufen, um irgendwie zurück an den Deich zu kommen. Fehlanzeige, ich landete an einem riesigen Feld. Irgendwo dahinter mussten der Deich und das Meer sein, aber ich sah keine Möglichkeit, dahin zu kommen.
Im Nachhinein wäre es tatsächlich besser gewesen, die fast 2,5 km wieder genauso zurück an den Deich zu laufen, aber ich entschied mich für die falsche Lösung und dachte: Egal, dann läufst du eben ein bisschen an der Straße entlang…
Das war aber aus verschiedensten Gründen sehr unangenehm. Zum einen fuhren die Autos und LKWs hier mit 70-90 km/h ziemlich nah an mir vorbei und zum anderen war der Laufgrund alles andere als ideal. Kam mir kein Auto entgegen, lief ich auf dem Asphalt der Fahrbahn, gab es Gegenverkehr, wich ich einen Meter auf den Grasstreifen daneben aus. Allerdings war das kein englischer Rasen sondern eher ein begrünter Acker, also sehr uneben und mit nachgebender, beim Auftreten einsinkender Erde. An einigen Stellen gab es auch kurzzeitig Leitplanken, bei denen ich auf jeden Fall auf den Grasstreifen musste.
Das alles war schon nervig genug, aber völlig kippte die Stimmung, als ich auf einem Schild sah, dass es nach Gedser – die Richtung aus der ich kam – 9 km waren. Da ich wusste, dass es von Marielyst bis Gedser 15 km waren, war nun klar, dass ich noch ganze 6 km an dieser endlosen und gefährlichen Straße entlang laufen musste. Mal abgesehen davon, dass die Autofahrer mich sicherlich für bescheuert hielten (was ich ihnen nicht verdenken kann), benahmen sich manche auch ziemlich rücksichtslos. Der Höhepunkt war, als ich hörte, wie sich mal wieder ein Auto von hinten näherte und plötzlich ein Wagen mit sicherlich 100 km/h fast direkt neben mir vorbeischoss! Er hatte exakt neben mir ein Überholmanöver durchgezogen, war also auf der linken Spur zwischen mir und dem anderen Wagen durchgebrettert!
Mein Lauf zog sich immer länger hin, die Straße wollte nicht enden, verschwand immer am Horizont unter dem tollen Wolkenhimmel. Marielyst schien am anderen Ende der Welt zu liegen, aber immerhin hatte ich nun einen Radweg, auf dem ich laufen konnte. Nach über 30 Laufkilometern setzte aber nun auch die Erschöpfung ein und ich wechselte phasenweise zum Gehen über.
Fast unbemerkt mischte sich auch ein kleiner Schmerz unterhalb der rechten Rippe in die allgemeine Erschöpfung. Dieser wurde nach jeder Gehpause beim Antraben stärker und war schließlich so groß, dass ich – nachdem ich endlich die lange ersehnte abzweigende Straße nach Marielyst erreicht hatte – nur noch etwas mehr als einen Kilometer schaffte, bevor ich frustriert die Laufuhr nach 33 km stoppte und die restlichen 1,5 km nach Hause walkte.
Leider habe ich die Schmerzen unterhalb der Rippe als „Erinnerung“ an den Lauf behalten. Ich vermute, es ist ein eingeklemmter Nerv oder gereizte Muskulatur (durch das erschöpfte Laufen auf dem unebenen Seitenstreifen). Tut auf jeden Fall auch im Alltag weh und zwingt mich erst einmal zu einer Trainingspause.
PS: Auf der Karte kann man sehen, was im wahrsten Sinne „falsch gelaufen“ ist: Zwischen dem zweiten und dem dritten Pfeil (bei „Bøtøskoven“) wollte ich eigentlich auf dem Rückweg vom Deich auf die Straße bzw. den Waldweg davor abgebogen sein… Shit happens!
Oh weh, da hast Du aber was erlebt! Aber die Fotos sind echt schön!
Aber nun erstmal gute Besserung!
@Manu
Danke! Es war auch tatsächlich auf der ersten Hälfte ein sehr schöner Lauf, ich mag die Weite an der Küste sehr. Nur das Ende hätte ich mir etwas schöner vorgestellt…
Auch wenn es für dich wahrscheinlich nicht so toll war – ein schöner Bericht mit schönen Bildern.
Ich drück dir die Daumen, dass die Verletzung schnell besser wird. Hast du vom Arzt mal checken lassen, was es ist?
Dietmar
@Dietmar
Inzwischen kann ich schon wieder lächeln, wenn ich die Bilder sehe ;-) Beim Arzt war ich nicht, ich denke, ein bisschen Zeit und Ruhe wird schon helfen. Es wird von Tag zu Tag besser…
In unbekannten Gefilden passiert sowas schonmal. Wir Männer sind halt manchmal etwas stur, wenn es darum geht, einzusehen, dass wir falsch abgebogen sind. Bloß nicht wieder zurücklaufen, da vorne muss es doch auch einen Weg zurück auf die alte Strecke geben! Hoffe, die Verletzung ist nur eine kleine und nicht folgenreiche Nebenerscheinung deiner Tour.
@Marek
Leider ist die Verletzung etwas hartnäckiger als gedacht, so dass ich den heutigen Airport Run HM umgemeldet habe und meine Frau dort auf ihrem ersten 10k begleite. Mal sehen, wann ich wieder „richtig“ ins Training einsteigen kann.