Es war klar, dass ich unbedingt in London laufen muss, wenn ich schon mal in dieser spannenden Stadt bin. Am Ende hatte ich 11 Kilometer tolles Sightseeing bei wunderbarem Morgenwetter hinter mir und über 250 Fotos im Kasten. War gar nicht so einfach, daraus eine Auswahl zu treffen…
Ganz wichtig für Läufer – gerade wenn man wie ich dazu neigt, mal eben schnell über die Straße zu hasten – der Linksverkehr. Erstaunlich wie schwer es ist, sich daran zu gewöhnen, zuerst nach rechts zu gucken!
Glücklicherweise war ich recht früh unterwegs, so dass noch nichts von der Londoner Hektik zu spüren war.
Gleich auf dem ersten Kilometer bekam ich The Gherkin zu sehen…
… und kurz darauf das Lloyd’s Building.
Man glaubt es zuerst kaum, aber mitten in diesem Hochhausbezirk der City of London steht man plötzlich im Leadenhall Market, dessen historische Läden auch als Kulisse für die Winkelgasse im ersten Harry-Potter-Film dienten.
Weiter ging es durch die beeindruckenden Hochhaus-Schluchten, die den Nachteil hatten, dass die Navigation mit meinem Garmin Forerunner nicht so gut klappte wie erhofft.
So verlief ich mich auch prompt, konnte aber dank der Erinnerung an den Ausflug mit der Familie vom Vortag meinen Weg zum nächsten Sightseeing-Highlight finden:
St Paul’s Cathedral im Morgenlicht!
Ich lief an der Kathedrale vorbei, vor der eine Statue von Queen Anne steht. Halb sieben… eigentlich zu früh wenn man Urlaub hat, aber genau richtig, wenn man Königin und Stadt für sich haben will.
Der nächste Streckenabschnitt musste wieder improvisiert werden, aber ich fand glücklicherweise wieder den Faden…
… und kam an der Blackfriars Bridge am Pub The Blackfriar heraus.
Hier bemerkte ich, dass ich meine TomTom (ich laufe ja seit einiger Zeit immer mit zwei Laufuhren) gar nicht gestartet hatte. Also Uhr gestartet, Fotos gemacht und weiter!
An einem Ende der Blackfriars Bridge steht eine Statue der Queen Victoria, die ich auch noch im Bild festhalten musste, bevor es auf dem Victoria Embankment immer an der Themse entlang weiter ging.
Es gibt nicht viel Schöneres als an einem solch sonnigen (aber kühlen!) Morgen einen Entdeckungslauf durch eine Stadt zu machen.
Ein Drache verabschiedete mich – ich lief nun aus dem Stadtteil der City of London hinaus.
Es ging immer weiter an der Themse entlang Richtung Westen…
… mit vielen interessanten Eindrücken und Fotomotiven.
Bald kamen das London Eye und der Big Ben in Sicht.
Aber erst einmal musste der Lauf wieder für Fotos an Cleopatra’s Needle unterbochen werden. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind die beiden Sphinxen daneben nicht echt ägyptisch…
… aber der Obelisk selber ist aus dem Jahr 1450 v. Chr., war somit zu Lebzeiten Kleopatras schon über 1000 Jahre alt, und hat ursprünglich – gemeinsam mit seinem Pendant, das heute in New York steht – vor dem Tempel des Sonnengottes in Heliopolis gestanden.
Entlang des Victoria Embankment kommt man an zahlreichen Monumenten vorbei, die wichtige Persönlichkeiten ehren. Unter anderem auch den Ingenieur Sir Joseph Bazalgette, der der Stadt nicht nur in Zeiten des „Großen Gestanks“ und der Cholera-Epidemien zu einem Abwassernetzwerk verhalf, sondern auch für zahlreiche andere Bauwerke – unter anderem das Victoria Embankment auf dem ich gerade lief – verantwortlich war.
Auf der flußabgewandten Straßenseite standen prächtige Gebäude.
Ich lief immer weiter und ließ mich dabei etwas vom hektischen Tempo der Londoner Läufer, die mich hin und wieder überholten, anstecken. Bereits am gestrigen Nachmittag war mir aufgefallen, dass in London anscheinend so gut wie nie „normal“ gelaufen wird: Alle Läufer, ob direkt in der Innenstadt zwischen all den Touristen oder hier am Embankment, schienen auf der Flucht zu sein – meist waren sie aber inklusive Rucksack auf dem Weg von und zur Arbeit. Mit Geschwindigkeiten, in denen ich Tempoläufe mache. Entspannte, glückliche Läufergesichter habe ich selten gesehen.
Inzwischen war ich beim Royal Air Force Memorial angelangt und lief unterhalb des goldenen Adlers vorbei.
Wenn man durch London läuft, fällt einem auf, an wie vielen Stellen der Toten und der Soldaten der beiden Weltkriege gedacht wird (hier das Battle of Britain Monument). Als Deutscher fühlt man sich beschämt und glücklich zugleich, hier und heute laufen zu dürfen.
Jetzt war ich am Wendepunkt meines Laufs angelangt. Bei Big Ben und den Houses of Parliament lief ich über die Westminster Bridge um auf der anderen Seite der Themse den Rückweg anzutreten.
Ein Blick von der Brücke über die Themse Richtung Norden.
Um diese Zeit war beim London Eye noch nichts los (gestern hatten wir hier inmitten von Touristenmassen gestanden), so dass ich den Blick auf das mit 135 Metern höchste Riesenrad Europas ungestört im Weiterlaufen genießen konnte.
Weiter ging es an der South Bank entlang, vorbei an Karussels…
… und Imbisswagen…
… bis hin zum „Festival of Love“, einem Kunst-Festival, das gerade im Southbank Centre stattfand.
Auch hier überholten mich wieder einige Läufer – kein Kunststück, wenn man keine Fotopausen macht ;-)
Schließlich konnte ich mir die Graffiti,…
… den pinken „Routemaster“ London-Bus…
… und seinen original roten, aber moderneren Bruder auf der Waterloo Bridge doch nicht entgehen lassen!
Hier – auf dem Queen’s Walk entlang der South Bank – tauchten immer mehr Läuferinnen und Läufer um mich herum auf. An einem Mit-dem-Rucksack-ins-Büro-Läufer blieb ich kurz dran…
… bis mich der wundervolle Ausblick wieder zu einem Fotostopp zwang.
Direkt an der Tate Modern…
… führt die Millenium Bridge hinüber zur St Paul’s Cathedral, die ich ja auf dem Hinweg am Nordufer passiert hatte.
Kurz darauf schon der nächste Fotohalt: Shakespeare’s Globe, der Nachbau von Shakespeares legendärem Theater, das 1599 hier gestanden hatte.
Hier werden seit der (Neu-)Eröffnung 1977 jeden Sommer (es ist ein Freilufttheater!) mehrere Shakespeare-Stücke, aber auch Stücke anderer Autoren, aufgeführt
Nur wenige Laufschritte darauf erneut etwas Historisches! Der Pub The Anchor sieht nicht nur stilvoll und gemütlich aus, es hat ihn – unter diversen Namen – bereits seit 800 Jahren an dieser Stelle gegeben (er wurde mehrfach zerstört und wieder neu aufgebaut). Hier kehrten im Laufe der Geschichte nicht nur die Schauspieler des Globe ein, sondern auch Flusspiraten und Schmuggler.
Die Läufer häuften sich und auch die Sehenswürdigkeiten-Dichte nahm zu. „Wir“ liefen jetzt auf die „Golden Hinde II“ zu, einem Nachbau der legendären Galeone, mit der Francis Drake die Welt umsegelte.
An der Southwark Cathedral gab es wieder ein für London so typisches „Alt-neben-Neu“-Fotomotiv, da direkt hinter der Kathedrale das moderne Bürogebäude The Shard in den Himmel ragte.
Ich passierte Hay’s Galleria…
… den Pub „The Horniman at Hay’s“…
… und das Kriegsschiff HMS Belfast, das heute ein Museum beherbergt.
An der Tower Bridge angelangt, war ich nun fast am Ende meines Laufs.
Noch ein schnelles Foto von der Londoner Skyline…
… und dann die Treppen hinauf zur Brücke, die ich so leer sonst nie gesehen habe.
Die nun gegenüber liegende South Bank mit der City Hall und The Shard lag im Sonnenlicht.
Bevor ich zum Hotel zurücklief, wollte ich noch einmal den Tower of London umrunden.
Die Tore strahlten königlich in der Morgensonne.
Ein letztes „Alt-neben-Neu“-Fotomotiv: Ein kleines Gebäude der einstigen London Hydraulic Company vor einem Bürogebäude nahe des Towers.
Wieder am Hotel angekommen, stellte ich überrascht fest, dass meine Garmin den Lauf gar nicht aufgenommen hatte! Die Strecke hatte sie aber während des Laufs immer angezeigt, merkwürdig. Blieb also nur die Teil-Aufzeichnung der TomTom, weshalb ich auf der Grafik der Laufstrecke (erstes Bild) den Anfang von Hand (dunkelblau) ergänzen musste.
PS: Erst einen Tag später wurde mir im Zeitschriften-Laden klar, weshalb die Londoner alle so hektisch und schnell gelaufen waren: Die aktuelle englische Runner’s World steht unter dem Motto „The Speed Issue“! Und aus meiner Sicht gibt es der Doppeldeutigkeit der Übersetzung („Ausgabe“ vs. „Streitfrage, Problem“) nichts hinzuzufügen ;-)
Wie angekündigt ein toller Bericht.
So, alles gesehen:-) muss ich erst mal nicht hin -viel zu gefährlich-
right-left right ?!?
Toller Stadt, tolle Bilder, toller Lauf!
@Andreas V.
Irgendwann muss man da hin, Linksverkehr hin oder her ;-)
@Henrik
London ist auf jeden Fall einen (Lauf-)Ausflug wert!
Boah! Spektakuläre Eindrücke, die Du für uns ausgewählt hast. Vielen Dank! Bin sprachlos: so schön hätte ich es mir nicht virgestellt!
London
genau wie Berlin
immer eine Reise wert
ich bin dort Marathon gelaufen
nur das hast du verpasst
sonst alles mitgenommen
was du ” einpacken ” konntest !
@Eddy
Ist wirklich schön dort! Aber die Hektik der anderen Läufer ist wirklich nichts für uns, Eddy ;-)
@Margitta
Stimmt, der London-Marathon wäre noch mal was! Vielleicht bekomme ich das ja noch mal hin; London ist auf jeden Fall eine Stadt, die auch bei mehrmaligen Besuchen nicht langweilig wird.