Nach all den vielen schönen langen Läufen in großer Besetzung fiel es mir gestern richtig schwer, mich alleine auf den Weg zu machen. Alle meine Wochenend-Läufer sind im Urlaub, so dass ich den langen Lauf meiner zweiten Woche der Marathon-Vorbereitung einsam laufend bestreiten musste. Da passte es ja richtig zur Stimmung, dass auf der zweiten Hälfte noch Regen und Gewitter einsetzte…
Ich hatte mir vorgenommen, so ungefähr 25 Kilometer zu laufen. Und so machte ich mich bei 22 Grad am Morgen in Richtung Diedersdorf auf. Es hatte zwar nachts gewittert, aber das war kaum zu bemerken. Meine Mütze gegen die Sonne nahm ich jedenfalls ziemlich bald wieder ab, es war einfach zu warm und dabei noch bewölkt. Jetzt durfte ich also mit der Mütze in der Hand weiter laufen…
Nach meiner anfänglichen Müdig- und Lustlosigkeit wurde die Laune langsam besser als ich an den weiten Feldern vorbei lief, die den Weg nach Diedersdorf säumen. Als echtes Nordlicht liebe ich weite Blicke und genoss die „unendlichen Weiten“.
Wenig später führte mich mein Lauf an einer Mauer vorbei, die mit alten Autoreifen dekoriert war. Keine Ahnung, was sich hinter der Mauer verbirgt, ich glaube es dient einem Bauern als Lagerplatz. Wäre aber auch als Endzeit-Filmkulisse denkbar…
Gleich in der Nähe hing ein Schild, das mir schon bei unseren früheren Läufen wegen seiner doch etwas merkwürdigen Formulierung gefallen hat: „Betreten und Befahren Unbefugter streng verboten“. Na, das will ich ja wohl hoffen, dass man Unbefugte (und alle anderen) nicht betreten oder gar befahren darf!
Nach einem kurzen Stück durch den Wald kam ich wieder an einem Riesen-Feld heraus. Verblühter Raps so weit das Auge reichte.
Und dazwischen am Feldrand viele wild wachsende Blumen. Die Sonne wollte sich partout nicht blicken lassen, und so langsam begann ich zu befürchten, dass da noch Regen kommen könnte.
Diedersdorf wirkte genauso einsam und verlassen wie ich an diesem Tag. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Läufer-Einsamkeit bei mir nur vorübergehend war, während das Dorf wohl auf absehbare Zeit keinen lebhafteren Eindruck machen wird. Der Schaukasten des Jugendclubs mit seinen verblichenen Fotos erschien mir auf jeden Fall recht traurig.
Für die Sommer-Besucher wird das Dorf immerhin an einigen Stellen idyllisch aufgehübscht, so dass ich beim Heimatmuseum einen schönen Blick auf den Kirchturm hatte.
Seit wir vor vielen Jahren zum ersten Mal nach Diedersdorf gelaufen waren, hat sich der Brauch etabliert, bei der Ankunft bei Schloss Diedersdorf an der rechten Säule des Eingangstores anzuschlagen (und dann, nach einer kurzen Pause, den Weg zurück anzutreten). Also, kurz angeschlagen und noch einen Blick hinter das Schloss geworfen.
Auf Schloss Diedersdorf finden in der Schlagerscheune jedes Jahr Auftritte mehr oder weniger bekannter Schlager-Interpreten statt. Da bin ich nun wirklich nicht die Zielgruppe, obwohl die Titel (laut Eigenauskunft der Website alle Hits) der nächsten Sängerin Mara Kayser auch gut zum Läufer-Leben passen: „Ein neuer Tag“ (beim Klingeln des Weckers um 5:15, vor dem Laufen) und „Ich will mehr“ (beim nächsten Marathon)…
Der Biergarten hinter dem Schloss wirkte noch verlassen. Immerhin gaben die zusammengeklappten Schirme den Blick auf großzügige Weiden mit grasenden Pferden frei.
Der Himmel über mir wurde dunkler und dunkler, und kurz nachdem ich den Rückweg angetreten hatte, fing es dann tatsächlich an zu regnen, untermalt von einem fernen Donnergrollen. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich noch mindestens eine Stunde Laufen bei Regen vor mir hatte. Na, dann.
Ich setzte wieder die Mütze auf – anders als geplant nicht gegen die Sonne, sondern gegen den Regen – und lief unbeirrt weiter. Ich war nun wesentlich schneller als auf dem Hinweg. Für einen langen Lauf schon fast zu schnell, aber ich wollte schließlich nach Hause bei diesem Regenwetter. Ab und zu sah ich das Aufleuchten eines Blitzes im Augenwinkel. Der Donner folgte zwar deutlich später, aber etwas mulmig war mir schon, so auf offener Landstraße zu laufen.
An der Baustelle bei Mahlow herrschte verkehrte Welt: die Siedlung Waldblick lag am Boden und die Marienfelder Straße, die ich eigentlich gerade lang lief, befand sich laut Schild direkt über mir.
Der Regen fiel nicht stark, aber stetig und so war ich bereits nach kurzer Zeit völlig durchnässt. Mein zügiges Tempo reichte mir aber immer noch nicht, das Zuhause war noch weit. Ich wurde unwillkürlich noch ein wenig schneller. Endlich, nach 27 km, war ich wieder zuhause und sehr zufrieden mit mir: trotz der widrigen Bedingungen hatte ich meinen Lauf durchgezogen und mein geplantes Wochenpensum geschafft. Die Marathon-Vorbereitung ist auf gutem Wege…
Einsame lange Läufe – Überwindung aber schließlich und endlich fast immer auch Befriedigung…
Ich lauf gerne auch mal alleine!
Gruß
Martin
PS: Laufberichte mit Bildern sind immer wieder ein Highlight!
Was die Überwindung angeht: Ich habe schon so viele lange Läufe gemacht, dass ich das von dir erwähnte gute Gefühl danach sehr gut kenne. Und die Vorfreude darauf hilft unheimlich über die ersten Kilometer hinweg…