06.06.2009 | Start: 12:11 Uhr | Ziel: 13:44 Uhr | Strecke: 14,26 km
Läufer: Andreas, Jürgen
Esplanade (Volkspark Potsdam) – Georg-Hermann-Allee – Nedlitzer Str. – Tschudistr. – Am Wiesenrand – Rotkehlchenweg – Krampnitzer Str. – Straße nach Sacrow – Sacrower Heilandskirche – Kladower Str. – Ecke Sakrower Landstr.
Das klappt ja wie am Schnürchen! Übergabe des Staffelstabs an der Esplanade in Potsdam um 12:19 Uhr.
Andreas (mit Rucksack und Kamera) und ich stehen in den Startlöchern. Unsere Arbeitsteilung ist schnell gefunden: während er fotografiert, übernehme ich die „Navigation“ und erzähle unterwegs von meinen Mauer-Erlebnissen. Ich bin im Westteil der Stadt geboren und kann mich noch dunkel an den Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 erinnern. In meiner Kindheit und Jugend (in Kladow) markierte die öde Betonmauer das Ende der Welt. Auch wir waren ja eingemauert und es weckte meine (aus damaliger Sicht unerfüllbare) Fantasie, wie es wohl dahinter aussehen könnte.
Meiner Frau Caroline habe ich es zu verdanken, dass wir den Fall der Berliner Mauer in der Nacht des 9. November 1989 gemeinsam am Brandenburger Tor miterleben konnten. Vor allem der entscheidende Augenblick, als der erste Mensch auf die Mauerkrone kletterte und kein Schuss fiel, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Daher ist der Mauerweg-Lauf für mich ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Wer hätte damals gedacht, dass aus dem trennenden Todesstreifen jemals ein gemeinsamer und Lauf- und Radweg für uns alle werden würde!?!
An den Mauern der ehemaligen russischen Panzerkaserne von Nedlitz gibt es auch eine East Side Gallery mit Graffitis.
Über die rostige Brücke des Friedens (Baujahr 1950) queren wir den Sacrow-Paretzer Kanal.
Das Cafe Charlotte lädt vergeblich zur Ruhepause ein, wir müssen weiter.
Ein Großteil unserer Strecke geht durch den Königswald…
…entlang von einsamen Waldwegen…
…und von diversen Festmetern Holz aus der letzten Holzauktion. Kein Zweifel, unsere Etappe ist eine der landschaftlich reizvollsten und einsamsten Mauerweg-Strecken.
Kurz vor Sacrow ist der Mauerweg schon recht schmal und zugewachsen. Vor 20 Jahren war hier aber ein öder, geharkter Sandstreifen, wo jeder Grashalm entfernt wurde!
Das Tor zum Park des Herrenhauses von Sacrow ist schon für uns geöffnet.
Auf den Abstecher zur 1000-jährigen Eiche verzichten wir aber aus Zeitgründen.
Als einzige Zuschauerin schaut uns diese Statue etwas verwundert hinterher.
Die Sacrower Heilandskirche ist erreicht!
Von diesem Turm aus wurden übrigens im Jahre 1897 die ersten drahtlosen Nachrichten gesendet, sozusagen das erste Telefonat der Welt geführt. Davor gab es für die Nachrichtenübermittlung nur Signalmasten mit schwenkbaren Armen (wäre für manche Handy-Besitzer eine originelle, kostensparende und geräuscharme Alternative).
Zu DDR-Zeiten lag die Kirche, ein Bau von Persius, im Niemandsland und verfiel. Durch eine Stiftung der Zeitung Der Tagesspiegel konnte die Kirche erhalten werden.
Andreas war sehr interessiert an den vielen Graffitis aus den letzten Jahrzehnten und machte viele Fotos.
So langsam drängt die Zeit. Noch 3 km und nur noch 8 Minuten Zeit!
Diese Engstelle der Havel am Krughorn ist das größte natürliche Hindernis des gesamten Mauerweg-Laufs. Etwa in Höhe des Schiffs mit den rot-weißen Segeln waren damals die Grenzbojen. Um die knapp 250 Meter Wasserstrecke von West (rechts im Bild mit Schäferbergturm) nach Ost zu überwinden, hätte man entweder schwimmen müssen oder die Läufer mit meinem Kanu übersetzen lassen. Wir entschieden uns jedoch für den Landweg und so wurden aus 250 Metern eben 14500 Meter.
Nun müssen wir aber „Vollgas“ geben, denn die letzten zwei Kilometer gehen leicht bergan und ziehen sich dahin. Ob die Abwechslung auch ein paar Minuten länger wartet?
Geschafft! Mit fast 10 Minuten Verspätung treffen wir endlich auf unsere Ablösung. Ganz besonders für uns war die Begegnung mit der Weltrekordhalterin im Blinden-Marathon der Frauen, die mit ihren Begleitern schon bereit stand.
Und da ziehen sie schon los.
Die Organisation des Mauerweg-Laufs ist perfekt! Am Anlegesteg des Dampfers, der uns von Kladow zurück nach Wannsee bringen soll, wartet schon ein schwimmendes Barbecue und ein Kasten gekühltes Bier auf uns. Na denn, Prost!
startblog-f sagt Danke an Jürgen für den Bericht und für die sehr interessanten Erzählungen während unserer gemeinsamen Mauerweg-Lauf-Etappe!
Das ist eine wunderbare Art unsere Hauptstadt kennen zulernen. Solltest Du als Touristenattraktion verkaufen!