Immer wieder gibt es Berichte in den Zeitungen, dass Fußballer ziemlich lauffaule Sportler seien und im Training beim Waldlauf lieber die Abkürzung nehmen. Ich erinnere mich auch an einen Artikel über eine Bundesligamannschaft, die kurz vor dem Streik stand, weil der neue Trainer 10-km-Läufe angeordnet hatte. Eine Strecke also, die ein F-Klasse-Läufer vor dem Frühstück läuft. Ich habe mich einmal nach Informationen zu diesem Thema im Web umgesehen und so einiges herausgefunden…
Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen den Laufanforderungen, die an einen Fußballer gestellt werden und den Bedingungen unter denen ein „normaler“ Läufer unterwegs ist. Während ein Langläufer meist in kontinuierlichem Tempo unterwegs ist, muss ein Fußballer im Spiel verschiedenste Formen des Sprints ausführen, stoppen, drehen, antreten und dabei auch noch den Ball beherrschen.
In einem sehr guten, ausführlichen Artikel zum Thema Wie fit sind Fußballspieler? (SCC Running in Kooperation mit Runner’s World) habe ich folgende Aussagen gefunden: Während eines Spiels legt ein Mittelfeldspieler im Durchschnitt neun bis elf Kilometer zurück, davon vier Kilometer im Jogging-Tempo, zwei im flotten Tempo und 800 bis 1000 Meter im Sprint; dazu kommen zweieinhalb Kilometer Gehen und 600 Meter in der Rückwärtsbewegung. Die Herzfrequenz liegt dabei meist über 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz, und es werden auch Laktatwerte erreicht, wie sie bei Läufern während eines 10-km-Wettkampfs zu beobachten sind. Ein Fußballspiel mit hohem läuferischen Einsatz (Mittelfeld, Verteidiger mit Offensivdrang) wirkt wie ein sehr ausgedehntes Intervalltraining bzw. Fahrtspiel. […] Bei den Testläufen der Bundesligaspieler über zumeist fünf Kilometer, […], laufen die meisten Spieler locker ein Tempo, das sehr viel schneller als vier Minuten pro 1000 Meter ist.
Das sind also durchaus Anforderungen, die auch ein gut trainierter Läufer nicht so ohne weiteres bewältigt, zumal er auch nicht „das Spielgerät“ dabei kontrollieren muss. Zur Legendenbildung „Fußballer sind schlechte Läufer“ trägt allerdings bei, dass die meisten Fußballer, gerade im Training, nur so viel laufen wie nötig. Schließlich gewinnt die Mannschaft, die die meisten Tore schießt und nicht die, die die meisten Kilometer gelaufen ist. Obwohl da natürlich durchaus ein Zusammenhang besteht: Während zu Zeiten des „Wunders von Bern“ (1954) ein Spieler durchschnittlich 3 km pro Spiel lief, waren es in den Siebziger Jahren schon 6 km und Mitte der Achtziger Jahre dann etwa 10 km. Heutige Profis legen etwa 10-12 km pro Spiel zurück. Ein Premier-League-Spieler soll davon angeblich ca. 2,6 km im Sprint zurücklegen!
Natürlich wird das heutzutage alles gemessen und in Datenbanken verarbeitet, so dass ein Trainer ziemlich schnell sieht, wo bei welchem Spieler lauftechnische Defizite sind. Im nächsten Sommer, bei der Europameisterschaft, wird jeder Fußballfan die Laufleistungen der Spieler und weitere Statistiken im Internet nachsehen können. Im Artikel Futter für den Stammtisch der Süddeutschen Zeitung erfahrt ihr alles darüber.
Ja, und wer wie ich nur ein bis zwei Mal im Jahr mit Freunden kicken geht, weiß auch ohne Statistiken, dass man – trotz guter Läufer-Kondition – beim Fußball sehr schnell ins Prusten kommt und am nächsten Morgen Beinmuskeln spürt, von deren Existenz man zuvor keine Ahnung hatte…
Nachtrag:
Andreas hat mich noch auf ein Interview mit Oliver Schmidtlein, Fitnesstrainer der deutschen Nationalmannschaft, auf Spiegel-Online (Wie qualvoll Fußball wirklich ist) hingewiesen. Sehr interessant. Die Angabe der Pulsfrequenzen ist allerdings sehr relativ zu sehen, da sie bei zwei Athleten mit vollkommen gleichen Körper- und Trainingsvoraussetzungen schon deutlich unterschiedlich sein können und somit nicht zwangsläufig einen verlässlichen Vergleichsindikator darstellen. Ein dort angegebener Pulswert von 185 ist z.B. für mich persönlich gar nicht erreichbar, da mein Maximalpuls bei etwa 170-175 liegt.