Gestern bin ich mit Jeanette, Monika und Klaus den Spreewald-Halbmarathon in Lübbenau gelaufen, und es war – trotz einiger kleiner Widrigkeiten – einer der schönsten Wettkämpfe, die ich je gelaufen bin…
Völlig entspannt vor dem Halbmarathon
Bereits bei unserer Ankunft sahen wir schnell, worum es heute hier ging: Gurken! Die Trophäe, die wir uns hier erlaufen sollten, war eine „Gurke am Band“. Da wir sehr früh angereist waren, hatten wir eine absolut relaxte Vorbereitungszeit und konnten direkt im Start-Ziel-Bereich in der Morgensonne noch gemütlich einen Kaffee trinken.
Als wir uns dann kurz vor dem Start in das Läuferfeld einordneten, freuten wir uns auf einen schönen Lauf bei optimalen Wetterbedingungen. Jemand hatte kurz zuvor etwas von vielen Brücken erzählt, aber gut, das würde ja keinen großen Geist stören. Und Bienchen (siehe Foto) scheinbar erst recht nicht.
Da ich mir vorgenommen hatte, den Lauf zu genießen, war ich so locker wie nie zuvor im Startbereich. Bei Bilderbuchwetter und etwa 12 Grad durch das Biosphärenreservat Spreewald zu laufen… besser hätte der Tag ja nicht sein können!
Traumwetter, aber kein Traumstart
Der Startschuss fiel und los ging es. Auf dem ersten Kilometer war das Feld unheimlich eng beisammen und ich bekam – trotz aller „Heute mal entspannt laufen“-Pläne – doch etwas Panik, hinter deutlich langsameren Läuferinnen und Läufern nicht mehr wegzukommen. Nach ein paar hundert Metern Slalomlauf hatten Klaus und ich aber das Startgewirr überstanden und konnten uns, während es an der Orangerie des Schlosses vorbeiging, auf unsere Geschwindigkeit einpegeln.
Einen Schnitt von etwa 5:00 min/km hatten wir uns vorgenommen und waren nun guter Dinge, während wir durch kleine Gassen und über schmale Wege liefen.
Das war also mit Brücken gemeint…
Bei Kilometer 2 bekam unsere gute Laune allerdings einen kleinen Dämpfer, denn am Ende einer kleinen Gasse sollte es plötzlich eine Holztreppe mit engen Treppenstufen hinaufgehen! Aha, das war also mit „viele Brücken“ gemeint gewesen: keine Rampen, sondern tatsächlich viele kleine Stufen. Mmh, also im Getümmel die Treppen rauf und auf der anderen Seite wieder runter…
Nun ging es durch den Wald, man konnte etwas freier laufen und unser Tempo hatte sich, nach der abrupten Unterbrechung des Laufflusses durch die Brückenstufen, wieder zwischen 4:50 und 5:00 min/km eingependelt.
Aber da kam schon die nächste Brücke! Also wieder im Pulk die kleinen Stufen hochtrippeln und versuchen, danach wieder in Fahrt zu kommen. Etwas schade war natürlich, dass es eigentlich gerade an den Brücken viel Schönes drumherum zu sehen gegeben hätte, was wir aber nicht wahrnahmen, da unsere Blicke auf die Füße gerichtet waren, um keinen Fehlschritt zu tun.
Eine wunderschöne Landschaft
Auch diese kurze Unterbrechung war schnell überstanden und wir liefen nun zwischen Kanälen auf einem Pfad durch eine romantische Landschaft. Wunderbar zum Spazierengehen, aber wir waren ja zu einem Wettkampf hier. Hin und wieder galt es, sich den Platz mit entgegenkommenden Spaziergängern oder Radfahrern zu teilen, aber das verlief problemlos, und wir wurden jedes Mal mit aufmunternden, freundlichen Rufen begrüßt.
Klaus hatte in den letzten Wochen deutlich weniger trainiert als ich und bekam das jetzt zu spüren. Das vereinbarte Tempo strengte ihn an und so verkündete er schon recht früh, den aktuellen Kilometerschnitt leider nicht bis zum Schluss durchhalten zu können.
Schon seit den ersten Kilometern liefen vor uns zwei Läufer in sehr gleichmäßigem, „richtigen“ Tempo, und wir beschlossen, unbedingt dahinter zu bleiben, alles andere wäre ein Fehler.
Ab und zu gab es auch „normale“ Brücken, mit Rampen statt mit Stufen. Nach all den vielen Treppen, die wir bis zu diesem Zeitpunkt schon bezwungen hatten, kam uns das jetzt recht einfach vor: hochlaufen und mit Schwung wieder auf der anderen Seite herunter.
Nicht nur das startblog-f-Shirt ist rot…
Die Verpflegungsstände an der Strecke waren toll: ein großes Angebot an Wasser, Tee, Iso-Getränken, Obst, Keksen und für den schweißgeplagten Läufer sogar Schwämme! Bei Kilometer 8 gab Klaus dann offiziell zu Protokoll, dass ich bei meinem Bericht erwähnen solle, dass er bei km 8 einen roten Kopf gehabt habe (was ich hiermit tue)… Er lief wirklich nicht rund, hielt aber bis km 10 tapfer durch. Dann blieb er zurück und schickte mich alleine los.
Mir ging es bis dahin sehr gut, das Tempo war nicht so leicht zu laufen, wie ich es erhofft hatte, machte aber erst einmal keine Probleme. Zumal die Strecke inzwischen durch Wiesen und Felder hindurch führte, vorbei an wunderschön blühenden Bäumen. Trotz der Anstrengung versuchte ich, den Lauf zu genießen.
Das Läuferfeld hatte sich nun deutlich auseinander gezogen, es gab große Lücken. Aber ich war gut im Tempo, kam immer wieder an meine Vorläufer heran und konnte den einen oder anderen überholen. Der Laufweg war nun wieder schmaler geworden, auf den Wiesen konnte man hin und wieder in der Ferne Schafherden sehen.
Auf der zweiten Hälfte wird es hart
Wenig später war dann aber eindeutig Schluss mit lustig. Auf diesem Streckenabschnitt gab es zwar keine Brücken mehr, aber dafür liefen wir nun kilometerlang auf Plattenwegen. Dazu wehte uns meist ein deutlich spürbarer Wind entgegen, zumal, als der Plattenweg über freies Feld führte. Nun bekam ich doch Schwierigkeiten, mein Tempo zu halten.
Erstaunlicherweise kam ich aber doch immer wieder an Vorläufer heran, die ich dann – nach minutenlangem Auf-gleicher-Höhe-Laufen – überholen konnte. Aber die auseinander gezogene, lange Perlenschnur der Läufer bis weit, weit voraus zu sehen, war nicht gerade motivierend. Diese gerade Gegenwind-Strecke auf dem nicht einfach zu laufenden Untergrund (oft mit vielen, Unebenheiten) schien kein Ende nehmen zu wollen.
So viel Zeit muss sein
Beim Gasthaus Wotschofska auf der gleichnamigen Insel machte die Strecke eine lustige Schleife um das Grundstück herum und kam genau am Biergarten vorbei, wo Leute draußen frühstückten und Bier tranken. Hier waren auch Verpflegungstische für die Läufer aufgebaut. Ich nahm mal wieder einen Schluck Wasser, wollte gerade weiterlaufen, da sah ich die Belegschaft dekorativ draußen in der Tür stehen.
„So viel Zeit muss sein!“ rief ich spontan zur Belustigung der Anwesenden und bat zu einem Foto. Das war ziemlich genau bei Kilometer 18 und ich hatte ohnehin etwas die Lust am schnellen Laufen verloren. Die vielen Brücken auf dem ersten Abschnitt hatten mich wohl mürbe gemacht, so dass ich jetzt bewusst Tempo herausnahm.
Ich wollte zwar gerne unter 1:45h ins Ziel kommen, aber oberstes Ziel des Laufs war, entspannt anzukommen und den Lauf zu genießen, also machte ich kurz darauf wieder lieber ein Foto der Paddelboote, bevor ich erneut eine Holzbrücke hinaufhasten musste.
(Fast) Allein im Wald
Die Abstände zwischen den Läufern waren jetzt immens. Weit vor mir liefen einige am Kanal entlang während ich noch erneut ein Foto dieser idyllischen Laufstrecke machte. Hinter mir war trotz kurzer Fotopause nichts zu hören.
Endlich kam Kilometer 19 in Sicht. Und natürlich wieder eine Brücke! Uff, also wieder die Treppenstufen rauf und wieder runter. Ich wollte den Lauf nun nur noch mit Anstand zu Ende bringen. Ich lief und lief fast alleine durch den Wald, bis ich schließlich wieder Anschluss an die Läufer vor mir bekam. Aber wo war bloß Kilometer 20? Laut GPS-Uhr war ich schon dran vorbei…
Immer häufiger standen jetzt wieder Zuschauer auf dem schmalen Waldpfad und applaudierten uns. Der Weg öffnete sich auf eine Lichtung und… oh, nein, wieder eine Brücke! Am anderen Ufer saß auf der Terrasse einer Gaststätte eine große Menge an Leuten und feuerte die Läufer an die noch einmal mehr als ein Dutzend Stufen hinauf mussten.
Die längsten 100 Meter meines Läufer-Lebens
Nach dem ich mir die letzten vier Kilometer einen Kilometerschnitt von 5:10 min/km „gegönnt“ hatte, setzte der Anblick des Schildes „21 km“ wieder Kräfte frei. Ich konnte schon die Menschenmenge im Ziel hören, es waren ja nur noch 100 Meter zu laufen!
100 Meter? Hier noch um die Ecke und da noch um die Kurve – das zog sich ganz schön dahin, das waren nie und nimmer nur 100 Meter! Endlich konnte ich die Kirche sehen und wusste, dass das Ziel nun greifbar nahe war.
Hinter mir hörte ich den Läufer im neongelben Shirt, hinter dem ich im letzten Drittel des Halbmarathons kilometerweit hergelaufen war, bevor ich ihn dann überholt hatte. Irgendwann auf meinen letzten vier schlapperen Kilometern war er dann wiederum an mir vorbeigezogen, und auf dem letzten Kilometer hatte plötzlich ich wieder knapp die Nase vorn.
Wie der Läufer vor mir im weißen Shirt setzte auch ich nun zum Endspurt an. Ob ich ihn noch vor der Zielline einholen könnte? Oder würde gar der Neongelbe erneut an mir vorbeiziehen? Wir bogen um die Ecke, kamen auf den Kirchplatz und liefen auf den Zielbogen zu, ich immer ein paar Schritte hinter dem Weißen.
Wer hat an der Uhr gedreht?
Einholen konnte ich ihn nicht mehr, mit 2 Sekunden Vorsprung lief er vor mir ins Ziel, aber was sah ich da beim Zieleinlauf? Die Digitalanzeige zeigte irgendetwas knapp unter 1:50h! Das konnte doch nicht wahr sein? Hatte meine Uhr vollkommen gesponnen? Wie sich herausstellte, war der „Halbmarathon“ tatsächlich deutlich länger gewesen, der Sprecher verkündete über Lautsprecher irgendetwas von 600 Metern mehr, mein GPS zeigte 21,39 km und Monika hatte 21,59 km auf der Uhr.
Und darüber hinaus hatte ich zum zigsten Mal denselben Fehler gemacht und vor dem Wettkampf die „Auto-Pause“ nicht deaktiviert, weshalb mir meine Uhr die Netto-Laufzeit gezeigt, aber die kurzen Stops an den Verpflegungsstellen unterschlagen hatte!
„G“ wie geschafft, glücklich und Gurke
Wie dem auch sei, als ich mir dann meine Gurken-Medaille umhängen ließ, hatte ich diesen kurzen Schreck schon verdaut und es machte sich große Zufriedenheit breit. Ich stand entspannt im Ziel, die Sonne schien, ich hatte ein gutes Rennen durch eine wunderschöne Landschaft hinter mir, und in Anbetracht der zahlreichen Brücken (O-Ton Jeanette: „Bei 15 habe ich aufgehört zu zählen!“), des stellenweisen Gegenwindes und der deutlich längeren Strecke war die Zeit von 1:49:03 für „unambitioniert“ gar nicht mal so schlecht ;-) Stellte sich nur die Frage: Wo war Klaus?
Er kam einige Minuten nach mir ins Ziel. Doro, meine Frau, hatte auch ihn auf den letzten 50 Metern im Foto eingefangen, wie er sich Richtung Kirchplatz kämpfte.
Auch er bekam seine verdiente „Gurke am Band“ und freute sich, den Lauf überstanden zu haben. Nun fehlten nur noch Monika und Jeanette, die dann aber auch plötzlich auch auf der Zielgeraden (die hier eigentlich eine Ziel-Zick-Zack-Kurve war) auftauchten. Auch sie hatten aufgrund der Besonderheiten dieser Strecke etwa 10 Minuten länger als sonst gebraucht, konnten aber mit ihren Zeiten einen 1. und einen 6. Altersklasse-Platz belegen! Und dabei hatten sie noch im Laufen Monikas zu warmes Oberteil – inklusive Startnummer-Umheften – abgelegt… Frauen sind eben doch Multitasking-fähig!
Bei einem erfrischenden alkoholfreien Bier plauderten wir noch etwas und genossen die fröhliche Atmosphäre im Zielbereich, bevor wir uns zu den Klängen einer Blasmusik-Combo („Die fröhlichen Hechte“!) auf den Rückweg machten.
Der Spreewald-Halbmarathon in Lübbenau 2012 war ein wirklich lohnenswerter Lauf-Ausflug bei fantastischem Wetter. Läufern, die bei jedem Wettkampf eine Bestzeit im Kopf haben, muss aufgrund der längeren Distanz von etwa 21,6 km und der vielen Holzbrücken-Treppenstufen wohl von diesem Laufevent abgeraten werden. Allen anderen sei der Halbmarathon durch das Biosphärenreservat Spreewald wärmstens empfohlen!
PS: Abschließend noch ein sehr herzliches Dankeschön an Jeanette für den super-exklusiven VIP-Shuttle-Service!
PPS: Auch unseren anderen Läufern (Andreas II., Andreas V., Julius, Hartmut und Oliver), die heute auf dem Flughafen Berlin Brandenburg International über 10 km und 21,1 km – nicht so schön grün, aber dafür ohne Holztreppen-Parcours ;-) – gestartet sind einen herzlichen Glückwunsch!
Schöne Fotos von einem tollen Lauf, abgesehen von den vielen Unebenheiten auf der Erde, am besten aber gefallen mir die Medaillen, sehr originell, so macht Laufen Spaß – sogar mit Treppen – das stelle ich mir hart vor, aber, wenn man nicht auf Bestzeiten aus ist und Freude haben möchte, dann ist das genau das Richtige – super !!
Ein toller Gurkenlauf! Und so schönes Wetter! Und so ein gutes Ergebnis! Glückwunsch!
Ich glaube, bei der Landschaft, da kann einem die Zeit wirklich völlig egal sein.
Und die Gurken-Medaille, herrlich!
Danke für die vielen Eindrücke vom Spreewald-Halbmarathon, auch wenn man den Lauf nicht wirklich so bezeichnen sollte, war ja eher ein 22km-Crosslauf mit den ganzen Hindernissen auf der Strecke ;-) tolle Leistung und immer noch genug Zeit und Energie ein paar Fotos zu schießen
Super Andreas, sehr schöner Bericht. Wir waren übrigens am Samstag auf einem Teil der Strecke unterwegs (km11-km9 ca.), da dort auch die Marathonstrecke kreuzte. Aber wir waren relativ spät da und uns kamen nur wenige langsame Läufer und Walker entgegen. War mir schon klar, dass ihr da längst durch gewesen sein müßt. Zum Glück ging es beim Marathon nur über eine dieser Holztreppen-Brücken. Das hätte mich glaube ich echt kaputtgemacht.
@Margitta
Ja, zum Spaß-am-Laufen-haben waren das ideale Bedingungen!
@Hanna
Danke, war wirklich schön, das Rumgegurke ;-)
@Hannes
Du sagst es, das war ein Lauf zum Genießen, für Bestzeiten gibt es wirklich andere Strecken!
@Gerald
Das mit den Fotos kostet wirklich noch einmal etwas Extra-Energie, besonders das Raus- und wieder Reinfummeln des Apparats beim Laufen. Freut mich aber immer wieder, wenn ich euch dadurch „mitnehmen“ kann auf einen besonderen Lauf ;-)
@Marek
Ein Marathon über solch einen Brückenkurs wäre wirklich der Hammer, da bist du mit einer Brücke noch ganz gut davongekommen ;-) Glückwunsch zu deiner tollen Spreewald-Marathon-Zeit!
ein wirklich toller lauf mit einer einmaligen finisher-gurke
als belohnung für die sich das durchhalten allemal lohnt. gratuliere zum erfolgreichen brückenlaufen (das muss richtig weh tun) in herrlicher landschaft bei fantastischem wetter!
@Der Blaue
Danke! Dank der vielen Brücken hat man auf jeden Fall viel früher als sonst auf der Strecke schon recht schwere Beine…
Wie ich das kenne-die Sache mit dem Zielspurt! Irgendwie ist immer einer entweder direkt hinter einem oder vor einem und dann geht es los!
Zum Treppen trainieren musst du einfach mal im Winter zu uns kommen-ich wüsste da ein paar die wir dann bestimmt wieder laufen werden.:-)
Glückwunsch zu deiner Zeit, bin mal gespannt ob ich die am WE in Heidelberg auch schaffe!
Malerisches Wetter, Kaiserwetter, Gurkenmedaille und Kekse – ok, sieht man von den “viele Brücken” mit Stufen ab, sieht es mir nach einem perfekten Lauf aus. Toller Bericht, super Bilder, danke! Kann mir euch richtig gut vorstellen. Glückwunsch zum Finish und zu so einem wunderbaren Lauf.
@Martin
Wenn ich mal in deiner Gegend bin, melde ich mich auf jeden Fall zum Treppenlaufen ;-) Viel Glück in Heidelberg!
@Din
Ja, es gibt auch perfekte Läufe ohne PB, und das freut mich sehr!