Meinen langen Lauf im diesjährigen Rügen-Urlaub wollte ich unbedingt nach Prora machen. Nachdem es für meinen langen Rügen-Lauf 2009 leider nicht gereicht hatte, da es vom damaligen Quartier in Göhren bis nach Prora doch zu weit gewesen wäre, startete ich dieses Mal zu einem 30-km-Lauf von Sellin über Binz nach Prora und lief über Schloss Granitz zurück. Eine Strecke, die es nicht nur von der Länge sondern auch vom Profil in sich hatte…
Zuerst ging es wieder wie bereits beschrieben über den Hochuferwanderweg, allerdings in Richtung Norden. Abgesehen vom stetigen Auf und Ab gab es hier auch einige „Feinheiten“ in der Wegbeschaffenheit zu beachten.
Es galt Treppenstufen zu überwinden…
… auf Löcher im Beton zu achten…
… und sich nicht gleich auf den groben Steinen den Fuß zu verstauchen.
Nach ungefähr 8 Kilometern war ich dann an der Seebrücke im Ostseebad Binz angekommen. Klar, dass ich da unbedingt einmal bis ans Ende und zurück musste.
An der Strandpromenade gab es eine Ausstellung von Keramiktafeln mit Motiven aus der Geschichte von Binz zu sehen.
Von nun an ging es immer weiter die Binzer Strandpromenade in Richtung Prora entlang… Strandabgang 30, Strandabgang 31, Strandabgang 32 – es schien kein Ende zu nehmen.
Irgendwann bei den 60ern hörten die Strandabgänge an der Promenade dann auf und es ging auf einem sandigen Weg weiter.
Am Ende dieses etwas anstrengender zu laufenden Abschnitts tauchte dann – ungefähr bei Kilometer 11,5 – der „Koloss von Prora“ vor mir auf.
Acht riesige, auf einer Länge von ca. 4,5 Kilometern aneinandergereihte Häuserblocks, zum größten Teil seit vielen Jahren verfallen.
Es gibt zwar einige Ansätze, die Ruinen wieder zu nutzen, aber so richtig vorstellen kann man sich das nicht, wenn man davor steht. Und trotz Sessel lädt der Ort den Läufer nicht gerade zum Verweilen ein ;-)
Nachdem ich minutenlang am „Koloss von Prora“ entlang gelaufen war, durchbrach plötzlich Farbe das eintönige Graubraun der Hausfassaden: Das NVA-Museum Prora wirbt hier geballt für sich.
Am Ende der langen Häuserblock-Reihe angekommen umrundete ich die Disko, die im letzten Gebäudeabschnitt ist, und lief an der Rückseite an einem „Party-Bus“ vorbei. Die Beschriftung „Karibik-Bar“ wollte aber so gar nicht zur blätternden Farbe und dem nun langsam stärker werdenden Regen passen (ich lief bereits seit vielen Kilometern im leichten Niesel).
Irgendwie erinnerte mich der Abgang zum Strand und das Bauwerk eher an „Landung in der Normandie“ als an Ferien an der Ostsee. Nach all den Jahrzehnten weht halt immer noch ein Hauch der Vergangenheit selbst über den Strand von Prora.
Ich machte nun kehrt, lief an den Gebäuden zurück in Richtung Binz und kam auch an einem Bären vorbei, der zwischen „Berlin“ und „Prora“ lag.
Zugegeben, es war ein regnerischer Sonntag, aber auch bei schönem Wetter konnte ich mir keine Menschen vorstellen, die in Ferienlaune durch diese verfallene Passage zum Strand schlendern.
Der Rückweg an der Strandpromenade bis Binz zog sich sehr in die Länge. Strandabgang 56, Strandabgang 55, Strandabgang 54…
… bis ich endlich die Seebrücke wieder ins Blickfeld bekam.
Ein Künstler hatte seine Interpretationen von Kermit, dem Frosch, zum Verkauf ausgestellt. Hätte es sich um Aquarelle gehandelt, wäre wahrscheinlich schon nichts mehr zu erkennen gewesen, denn es regnete kräftig!
Ab Binz wollte ich anders laufen als auf dem Hinweg und eine kleine „Exkursion“ zum Schloss Granitz machen. So kam ich erst an der Kirche in Binz vorbei…
… und bemerkte zu spät, dass meine GPS-Uhr durch einen Fehler aufgehört hatte zu messen, was später auf der Auswertungsgrafik zu einem „Abkürzungsstrich“ quer durch den Ort führen sollte. Ich hatte also einen halben bis ganzen Kilometer zu wenig auf der Uhr. Na ja. Weitaus mehr Sorgen machte mir da schon der Anstieg, der mich in strömendem Regen über 100 Höhenmeter zum Schloss führte.
Das Schloss war zur Hälfte eingerüstet und sah im Regen und mit den vereinzelten, eilig hineinhastenden Besuchern trauriger aus, als ich es in Erinnerung hatte.
So machte ich mich schnell wieder an den „Abstieg“, während der Regen unaufhörlich meine Brille außer Gefecht setzte (Regen beim Laufen macht mir meist nichts aus, aber mit eingeregneter, beschlagener Brille nur die Hälfte von meiner Lauf-Umgebung mitzubekommen stört mich doch sehr).
Nun war ich auf dem Weg zurück ins Ferienquartier, aber Entspannung setzte erst auf den letzten beiden Kilometern ein, als ich wusste, dass nur noch bergab zu laufen war. Davor setzte mir die Granitz noch den einen oder anderen Anstieg in den Weg, was bei einem „30iger“ im Regen doch ein wenig an den Nerven (und Beinmuskeln!) zerrt!
Vollkommen durchnässt war ich nach 30 Kilometern (die wegen des GPS-Fehlers wahrscheinlich deutlich mehr waren) zurück bei meiner Familie; wie so oft nach vollbrachter Tat sehr zufrieden: Im Vergleich zu den meisten meiner Berliner 30-km-Läufe hatte dieser deutlich mehr „Niveau“!
Isses nicht schön ?
Fast die gleiche Strecke habe ich auch gemacht:
http://ultraistgut.wordpress.com/2011/03/22/reif/
es lohnt sich !
Prora hat mich ein wenig erschreckt !
tolle eindrücke von der insel rügen mit höchst anspruchsvollen läufen! ich werde am kommenden wochenende nach fehmarn fahren und dort wieder mit einem kleinen lauf bei “null” einsteigen (absolut flach!). bin gespannt wie sich das anfühlt nach sieben wochen pause.
@Margitta
Na, da weißt du ja, wovon ich rede ;-) Deine Fotos zeigen mir die Strecke mal ganz frühlingshaft (ohne Blätter mit freiem blick aufs Meer). Hat ja auch was!
@Der Blaue
Ich wünsche dir einen guten Neustart ins Läuferleben. Genieße es! Und lass dir Zeit und freue dich an der Insel…