Was macht man mit all den Marathon-Trainingskilometern, wenn man gar nicht für einen Marathon-Event gemeldet ist? Man sucht sich ein schönes „Belohnungs-Projekt“ über eine ähnliche Distanz! Nachdem das gemeinsame Marathontraining mit Klaus – der ja im Gegensatz zu mir tatsächlich den Berlin-Marathon läuft – nun in der Tapering-Phase angekommen ist, habe ich am vergangenen Sonntag einen lange geplanten Marathon-Lauf (es waren sogar ein paar Kilometer mehr) vom Brandenburger Tor in Berlin zum Brandenburger Tor in Potsdam gemacht: Ohne Zielzeit, ohne Pacemaker, ohne Menschenmassen und Musik-Bands am Streckenrand, aber auf einer wunderschönen Strecke und mit sehr netter Begleitung…
Vom Brandenburger Tor direkt auf die offizielle Marathonstrecke
Auf dem ersten (langen) Stück wollte mich Klaus begleiten. Klar, immerhin sind wir noch immer im gemeinsamen Marathontraining. Der sorgfältig ausgeklügelte Zeitplan (Monika und Andreas IV. wollten an jeweils unterschiedlichen Stellen der Strecke dazu stoßen) implodierte aber bereits bei der Anreise: Die S-Bahn fiel aus, so dass wir erst 20 Minuten später als gedacht vom Berliner Brandenburger Tor aus starten konnten.
Direkt am Brandenburger Tor stand das Berlin-Marathon MOVE, ein temporäres Gebäude, in dem Veranstaltungen und Ausstellungen vor dem Berlin-Marathon stattfinden. Das war nämlich ein kleines Schmankerl des Projekts: Wir begannen unseren Lauf mit dem Zieleinlauf des Berlin-Marathons (die letzten 300 Metern vom Brandenburger Tor bis zum Sowjetischen Ehrenmal) und erreichten nach weiteren 700 Metern die offizielle Startlinie. Verkehrte Welt ;-)
Das Wetter war wunderbar, aber es war auch recht kühl. Vom langen Warten an der S-Bahn waren wir beide ziemlich durchgefroren und beschlossen daher, auf der Sonnenseite der Straße des 17. Juni zu laufen.
An der Siegessäule tauchte Moltke über den Bäumen auf. Nicht, dass wir den Herrn von weitem erkannt hätten, aber der Name stand auf dem Sockel.
Hinter der S-Bahntrasse begann der Berliner Trödelmarkt, den wir zu dieser frühen Uhrzeit am Sonntagmorgen locker durchlaufen konnten.
Durch das Charlottenburger Tor mit der Statue der Sophie Charlotte (der ersten preußischen Königin) ging es weiter, und wir kamen an der TU vorbei.
Immer geradeaus durch den Berliner Westen bis zur Heerstraße
Der erste Teil dieses Lauf-Abenteuers war streckentechnisch keine Herausforderung: Auf der großen Magistrale (Straße des 17. Juni, Bismarckstraße, Kaiserdamm) liefen wir kilometerweit geradeaus. An der Deutschen Oper mit der großen Metallskulptur vorbei…
… bis zum Theodor-Heuss-Platz mit der Ewigen Flamme. Die offizielle Marathonstrecke hatten wir da bereits lange verlassen, befanden uns jetzt aber bei der Halbmarathon-Durchgangsmarke des S25, wie uns beiden auffiel.
Irgendwann ist auch die längste Gerade zu Ende: Am S-Bahnhof Heerstraße trafen wir wie verabredet Monika und bogen gemeinsam mit ihr in die Teufelsseestraße und von dort in den Grunewald ein.
Durch den Grunewald bis zum Schildhorn-Denkmal
Plötzlich liefen wir im Grünen und waren ganz überwältigt. Über wunderbare Waldwege…
… kamen wir bis an die Havelchaussee, die wir überqueren mussten. Gar nicht so einfach, denn die ist beliebt bei Radsportler:innen, die hier in größeren Gruppen durchsausen.
Auf der anderen Seite der Straße ging es aber gleich weiter und wir kamen über eine Treppe auf den Havelhöhenweg.
Ein erster Blick auf das Wasser…
… und weiter auf dem Höhenweg entlang. Der heißt nicht umsonst so, wie wir beim Anblick der ersten Treppen schon ahnten.
Über schöne Waldpfade…
… kamen wir zur Jürgenlanke…
… und über eine überwucherte Treppe hinauf zum Denkmal auf der Landzunge Schildhorn.
Das Schildhorn-Denkmal erinnert an die Schildhorn-Sage, nach der im Jahr 1157 Slawenfürst Jacza von Köpenick auf der Flucht vor Albrecht dem Bären mit seinem Pferd fast in der Havel ertrunken wäre. Als letzten Ausweg rief er den verhassten Gott der Christen um Hilfe, und siehe da, er erreichte das rettende Ufer. Aus Dankbarkeit wurde er Christ und ließ seinen Schild und sein Horn an einem Baum zurück.
Auf dem Havelhöhenweg die Treppen hinauf und hinunter
Mit immer wieder schönen Ausblicken auf das Wasser…
… liefen wir jetzt auf dem Havelhöhenweg …
… die Treppen rauf…
… und die Waldwege rauf…
… die Treppen runter…
… und die Waldwege runter!
Es ging ständig auf und ab…
… und oft musste man gut auf seine Schritte achten, wenn der Weg wild verwurzelt war.
Meist war der Weg ausgeschildert, aber ich hatte auch den Track auf dem Handy, so dass nichts schiefgehen konnte.
Immer wieder wurden wir mit schönen Ausblicken auf das Wasser belohnt…
… wobei wir uns den tollen Überblick von oben auch erarbeiten mussten. Immerhin ging es dann halbwegs locker auch wieder runter.
Das alles wiederholte sich häufig, so dass ich jetzt mal einfach ein paar Eindrücke unkommentiert lasse.
Wie man sieht, kam so einiges an Höhenmetern zusammen (zumal für eine flache Großstadt wie Berlin).
Am Wasser und durch sonnige Alleen bis zum Bahnhof Wannsee
Noch ein Blick von oben auf die Havel und dann kamen wir kurz darauf an eine Straße.
Irgendwo diese kleine Straße entlang musste ein Weg abzweigen. Tatsächlich entdeckten wir einen absolut unscheinbaren, schmalen Trampelpfad, der von der Straße in den Wald führte. Ein Hoch auf das GPS-Tracking und die digitale Laufplanung!
Beim Anblick der vielen Boote und Schiffe kam bei uns Urlaubsstimmung auf.
Aber auch die Arbeitswelt zeigte sich – in Form eines Wandgemäldes der Berliner Wasserbetriebe.
Wir näherten uns unverkennbar dem Wannsee…
… und standen auch kurz darauf an einer Infotafel mit Karte…
… direkt am bekannten Strandbad Wannsee.
Von dort aus führte uns eine sommerlichtdurchflutete Allee…
… wieder in die „Zivilisation“. In den Straßen des Stadtteils wartete erneut eine Treppe auf uns…
… die uns durch kleine Straßen mit zum Teil beeindruckenden Häusern…
… zum Bahnhof Wannsee führte. Hier war der Laufausflug für Monika und Klaus zu Ende und ich musste alleine weiterlaufen. Ein kurzer Uhrenvergleich sorgte vor dem Abschied noch für Erstaunen: Meine Laufuhr zeigte – vermutlich wegen der Autopause – fast 3,7 km weniger an als die von Klaus! Klaus hatte 26,6 km (was ziemlich genau der digitalen Streckenplanung entsprach und auch von Monikas Uhr bestätigt wurde) und ich war erst bei 22,93 km…
Alleine weiter zum Flensburger Löwen, Pfaueninsel und Moorlake
Das ärgerte mich ein wenig, aber die Vorfreude auf den nächsten Streckenabschnitt hellte die Stimmung gleich wieder auf.
Ich lief auf der Königstraße über die Brücke…
… und bog danach rechts in die Villenkolonie Alsen ein.
Hier warteten an der stetig ansteigenden Straße gleich drei Sightseeing-Stops auf mich: Zuerst die Liebermann-Villa, die ein wenig italienisches Flair verbreitete…
…dann mit dem Haus der Wannseekonferenz der harte Kontrast dazu…
…der mich etwas bedrückter weiterlaufen ließ…
…bevor mich ein Abstecher in die nächste Seitenstraße wieder aufmunterte.
Der kleine Rundplatz mit der steinernen Balustrade und dem Blick auf die vielen Boote sorgte für geradezu mediterrane Atmosphäre. Und über allem thronte der Flensburger Löwe.
Mit der entspannten Stimmung war es bei mir dann aber bald wieder vorbei: Sowohl die Laufuhr als auch das Handy zeigten bedenkliche Akkustände an. Würde das noch bis Potsdam reichen? Ich schickte Andreas IV., der mich auf dem letzten Stück begleiten wollte, eine Nachricht, dass ich wegen des S-Bahn-Ausfalls zu Beginn etwas später am Treffpunkt sein würde und lief weiter.
Und zwar merklich schneller als zuvor, weil ich zum einen Andreas IV. nicht zu lange warten lassen wollte und zum anderen um dem Akku-Aus zuvorzukommen. Also etwas in Eile vorbei an den Ausflugslokalen…
…an der Anlegestelle zur Pfaueninsel.
Wenig später zog das Wirtshaus Moorlake an mir vorüber.
Zeit für ein oder zwei Fotos musste natürlich sein, aber mit Blick auf den Akkustand hielt ich mich damit auf dem Rest der Strecke eher zurück.
Nun war ich schon am Jägertor…
…gegenüber der Heilandskirche am Port von Sacrow angekommen. Weit konnte es nicht mehr sein bis zum Treffpunkt auf der Glienicker Brücke.
Durch den Schlossgarten Glienicke bis zur Glienicker Brücke
Aber statt direkt am Ufer entlang zur Brücke zu laufen, bog ich kurz vorher links in den Glienicker Park ab.
Diesen kleinen Umweg hatte ich eingeplant, um noch einiges Sehenswertes „einzufangen“, wie etwa den Neptunbrunnen vor der Remise des Schlosses Glienicke, …
… das Stibadium, …
… das Torwächterhaus, …
… das imposante Eingangstor, …
… den Springbrunnen mit den goldenen Löwen…
… und die Große Neugierde.
Potsdam-Sightseeing mit Neuem Garten und Alexandrowka
Als ich dann an der Glienicker Brücke ankam, lief mir schon Andreas IV. entgegen, perfektes Timing! Netterweise hatte er auch entschieden, das Laufshirt anzuziehen, was wir ihm zum Abschied geschenkt hatten: „startblog-f Sektion Potsdam“.
Als erstes zeigte er mir die zwei unterschiedlichen Farbanstriche: Da die früher als „Agentenbrücke“ bekannte Brücke zur Hälfte zu West-Berlin und zur Hälfte zur DDR gehört hatte, waren die Metallträger bis zur Mitte von der einen Seite in „NATO-Grün“ und von der anderen in „DDR-Grün“ gestrichen.
Ich war ein bisschen zu erschöpft, um lange darüber nachzudenken, aber ein wenig bewegt war ich von der Situation schon: Da standen jetzt zwei Andreasse auf diesem Sinnbild der deutschen Teilung, die beide auf unterschiedlichen Seiten groß geworden waren, und konnten bei wunderbarem Wetter einfach gemeinsam loslaufen! Wer hätte das damals für möglich gehalten?
Beim Wiederloslaufen spürte ich die Beine schon enorm, aber jetzt sollte das Finale kommen, mit einer kleinen abschließenden Runde Potsdam-Sightseeing, also los!
Wir liefen eine große Runde durch den Neuen Garten und kamen dabei zuerst an der Eremitage…
… und dann am Schloss Cecilienhof vorbei.
Nach zwei, drei Fotos…
… passierten wir die Eiskeller-Pyramide…
… und erreichten bald darauf das Marmorpalais am Heiligen See. Erstaunlicherweise lief ich nach jedem Foto-Stopp wieder etwas frischer los und hatte mich bald von meinem Zwischentief erholt.
Dazu kam ein Gefühl wie im Urlaub: Ein schöner Ausblick folgte dem nächsten und alles sah, nicht zuletzt wegen der zahlreichen Palmen, nach Mittelmeer aus. Sogar einen Hauch von Ägypten bekamen wir im Vorbeilaufen an der Orangerie zu sehen.
Nachdem wir den Neuen Garten verlassen hatten, führte uns der Weg direkt zur Kolonie Alexandrowka. Wir waren jetzt ein wenig von der ursprünglichen Streckenplanung abgewichen. Da meine Laufuhr inzwischen den Hinweis „Akku schwach“ quer über das ganze Display legte (Garmin, was habt ihr euch denn dabei gedacht?), konnte ich den genauen Kilometerstand nicht mehr sehen und befürchtete, am Ende nicht auf meine Marathon-Kilometer zu kommen. Kein Problem für Andreas IV.: Er führte mich spontan einfach auf einem Zusatz-Rundkurs um die Kolonie herum, an dessen Ende wir dann fast auf der Zielgeraden waren.
Vorbei am Rathaus, Nauener Tor und Holländischem Viertel
Auf der Friedrich-Ebert-Straße kamen wir am Rathaus von Potsdam vorbei…
… und liefen auf das Nauener Tor zu. Ich entdeckte gleich die Figur, die zwischen den beiden Türmen balancierte. Nachträglich habe ich recherchiert, dass es sich um eine Kunstinstallation namens „Balance mit sich“ handelt, die sich dort erst seit Mai diesen Jahres befindet und nach einem halben Jahr wieder entfernt werden soll. Glück gehabt, dass wir das sehen konnten.
Sehenswert in Potsdam ist auch immer das Holländische Viertel, aber da wir uns dem Ziel näherten, hatten wir nur Zeit für einen kurzen Blick im Vorbeilaufen.
Zieleinlauf am Brandenburger Tor in Potsdam
Wir bogen ab und kamen durch die Fußgängerzone der Brandenburger Straße…
… geradewegs auf das Potsdamer Brandenburger Tor zu.
Kurz vor dem Tor sang ein Straßenmusiker, und es fühlte sich tatsächlich ein wenig wie der Zieleinlauf bei einem Marathon an ;-)
Geschafft! Nun musste ich aber noch für die Heimreise irgendwie zum Potsdamer Hauptbahnhof kommen. Also… laufen. Freundlicherweise begleitete mich Andreas IV. noch ein Stück bis zur Kirche St. Peter und Paul, den Restweg kannte ich und lief ihn alleine.
Blieb das große Rätsel, wie viele Kilometer ich am Ende gelaufen war. Denn meine Uhr zeigte am Ende knapp 40 Kilometer an und auch rubiTrack blieb dabei. Das konnte nicht sein. Also habe ich den Track in Alltrails importiert – und siehe da: 45,03 Kilometer! Das ist sowohl von der vorherigen Planung als auch im Vergleich mit Klaus’ Uhr ein realistischer Wert.
Ein wunderbarer Lauf von Brandenburger Tor zu Brandenburger Tor mit vielen schönen Eindrücken und toller Begleitung. Für mich hat das Marathontraining somit einen angemessenen Abschluss gefunden. Für Klaus und Andreas IV. kommt der Tag der Tage erst beim Berlin-Marathon am letzten September-Sonntag – Monika und ich werden auf jeden Fall wieder hinlaufen.
PS: Ein großes Dankeschön an meine drei Begleiter Klaus, Monika und Andreas IV. – es hat großen Spaß gemacht und war eine große Freude, das alles mit euch gemeinsam zu erleben!
Das ist ja ein absolutes Träumchen. Hätte mir auch Spaß gemacht. :)
Tolle Bilder. Die haben euch sicher eine Stunde extra gekostet, aber das war es wert!
Hallo Martin,
da bin ich mir auch absolut sicher, dass dir das Spaß gemacht hätte! Aber deine Lauf-Gegend ist ja auch nicht zu verachten – vielleicht etwas weniger Sehenswürdigkeiten, aber dafür umso mehr Höhenmeter ;-)
Schöne Grüße!