Es ist schon ein, zwei Jahre her, da bin ich durch Zufall auf die Grünen Hauptwege gestoßen, die es in Berlin gibt. Besonders der Grüne Hauptweg Nr. 19 „Tiergartenring“ hatte es mir angetan. Am vergangenen Sonntag wurde dann der langgeplante Lauf-Wunsch wahr, und gemeinsam mit Monika, Lisa, Klaus, Andreas IV., Hartmut und Radbegleiter Andreas V. ging es vom Brandenburger Tor aus auf 24 Kilometer Sightseeing durch Berlin…
Brandenburger Tor, Bundeskanzleramt und Schweizer Botschaft
Zuerst mussten wir allerdings an die eigentliche Strecke kommen. Am Bundeskanzleramt vorbei…
… ging es mit viel Vorfreude los.
Wir passierten die Schweizer Botschaft…
… und überquerten die Spree mit Blick auf den spiegelnden Cube Berlin.
Nun waren wir auf dem offiziellen Weg des Tiergartenrings und liefen beim Futurium in die Straße hinein.
Humboldthafen, Invalidenfriedhof und Liesenstraße
Zukunft und Vergangenheit liegen hier dicht beieinander, denn wir liefen anfangs direkt an der ehemaligen Berliner Mauer entlang, deren Verlauf in der Innenstadt durch eine doppelte Steinreihe markiert ist.
Vom Humboldthafen…
… ging es weiter am Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal entlang.
Die Strecke führte direkt über den Invalidenfriedhof, an dessen Anfang die Auguste-Viktoria-Glocke steht bzw. hängt. Diese hatte eine kuriose Reise hinter sich, bis sie an ihren jetzigen Standort kam: Gegossen in Bochum, 1893 Weltausstellung Chicago, 1895 Gnadenkirche/Invalidenkirche Berlin, 1967 Schrottplatz Berlin-Weißensee, 1967 (?) Privatbesitz Berlin-Malchow, 1979 Privatbesitz Stadtilm (Thüringen), 1990 Ev. Gemeinde Wattenscheid-Leithe – und ab 2011 wieder auf dem Invalidenfriedhof in Berlin.
Für uns ging es weiter…
…. über das Friedhofsgelände…
… und nach einem Rechtsknick vorbei am Erika-Heß-Eisstadion.
In einem Park am Eingang der Liesenstraße steht das Denkmal „Wiedervereinigung“ das hier – im ehemaligen West-Berlin – 1962 in unmittelbarer Nähe der Mauer aufgestellt wurde.
Wir folgten nun der Liesenstraße, an der mehrere Friedhöfe angrenzen…
… unter anderem auch der Französische Friedhof II., auf dem Theodor Fontane begraben liegt.
Durch ein offenes Tor konnte man eine Kapelle sehen, deren Zugang von zwei großen Engeln bewacht wurde.
Unter den Liesenbrücken hindurch kamen wir auf die Gartenstraße, wo uns ein Schild den Weg nach oben wies.
Park auf dem Nordbahnhof, Gedenkstätte an der Bernauer Straße und Postenweg
Wir waren nun im Park auf dem Nordbahnhof angekommen.
Dass hier einmal Bahnhofsgelände war, konnte man unschwer an den verbliebenen Schienen erkennen. Auch hier liefen wir fast genau auf der ehemaligen Berliner Mauer, mit einem kuriosen Dreh:
So ergab sich die Situation, dass die Grenze zwischen dem Ost-Berliner Bezirk Mitte mit der Hinterlandmauer im Westen, und dem West-Berliner Bezirk Wedding mit der drei Meter hohen Klinkermauer im Osten lag.
wie es bei Wikipedia heißt.
Nachdem wir den Park hinter uns gelassen hatten, schwenkte die Route nach links zur Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße.
Ich entdeckte ein ehemaliges Turmkreuz am Wegrand, das einen schönen Schatten warf (es war sonnig-warm, aber nicht zu heiß zum Laufen).
Wir liefen an der Kapelle der Versöhnung vorbei…
… und an so einigen Markierungen von Fluchttunneln und Stasi-Tunneln (PDF mit Geländeplan).
Auf großen Fototafeln…
… wurde die DDR-Vergangenheit dieses Ortes gezeigt.
An einer Hauswand war groß das Foto „Sprung in die Freiheit“ aufgebracht, das zu den ikonischen Fotos aus der Zeit des Kalten Krieges gehört.
Weiter ging es für uns auf dem ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer…
… der heute durch Wohnbebauung führt und ganz harmlos aussieht…
… wenn er nicht durch große Stahlplatten kenntlich gemacht wird.
Prenzlauer Berg mit Wasserturmplatz
Nach einem erneute Schwenk – diese Mal nach rechts – befanden wir uns in der Oderberger Straße, die zum Ausgehviertel von Prenzlauer Berg gehört.
Viele Kneipen, Restaurants, Läden, …
… Pride-Flaggen…
… und schattenspendende Bäume am Straßenrand.
Wir überquerten die Schönhauser Allee, an deren Ecke die Kulturbrauerei liegt – heute ein Kulturzentrum, damals war hier der Sitz der Schultheiss-Brauerei, der zeitweise größten Brauerei in Deutschland.
Über die Knaackstraße…
… mit ebenfalls Ausgeh-Atmosphäre…
… gelangten wir zum Wasserturmplatz. Zur einen Seite hatten wir Blick auf den kleinen Steigrohrturm…
… bei unserer kleinen Trinkpause (auf der uns Andreas V. wieder toll versorgte)…
… und auf der anderen Seite den Blick auf den großen Wasserturm Prenzlauer Berg von 1877, der der älteste Wasserturm Berlins ist. Ein schauriger Nebenaspekt, den man bei der schönen Atmosphäre des Platzes nicht ahnt: Im Frühjahr 1933 dienten hier die Kellerräume des Maschinenhauses der SA als wildes Konzentrationslager, in dem Kommunisten, Sozialisten, Juden und andere ohne Gerichtsurteil interniert und ermordet wurden.
Über die Belforter Straße…
… und die Heinrich-Roller-Straße (mit Anblick der Rückseite eines Friedhofs) …
… kamen wir zum Volkspark Friedrichshain.
Märchenbrunnen und Interbrigadisten-Gedenkstätte im Volkspark Friedrichshain
Für mich eindeutig ein Highlight der Tour: der Märchenbrunnen, der – man kann es nicht anders sagen – sich in diesem Augenblick wirklich märchenhaft präsentierte! Die Fotos geben es durch das Gegenlicht wirklich nur sehr schwach wieder, aber das Bauwerk mit all den vielen Figuren und wie es da überall plätscherte und das Sonnenlicht in Fontänen und auf der Wasseroberfläche glitzerte… einfach ein Traum!
Schade, dass wir nicht so viel Zeit hatten und weiter mussten…
Tschüß, Dornröschen!
Als wäre es nicht genug, empfing uns hinter dem Märchenbrunnen noch ein weiterer Springbrunnen mit seinem Licht- und Wasserspiel.
Angeregt von all dem Wasser, nutzten unsere beiden Marathontrainierenden gleich darauf die „Plansche“, um sich von zwei wasserspeienden Elefanten erfrischen zu lassen.
Wieder ernster wurde es beim nächsten Sightseeing-Spot, der Gedenkstätte der deutschen Interbrigadisten, die am Rande des Volksparks liegt.
Strausberger Platz, Michaelkirche und Engelbecken
Über den Platz der Vereinten Nationen kamen wir – immer meiner Handy-Navigation und den offiziellen Schildern nach – in die Lichtenberger Straße…
… die sich lang hinzieht, aber vom Strausberger Platz unterbrochen wird. Bemerkenswert sind hier die 8-stöckigen Wohnhäuser in der manchmal „Zuckerbäcker-Architektur“ genannten Bauweise.
Der berühmte Springbrunnen „Schwebender Ring“ war leider nicht in Betrieb, die Kupferplatten waren zudem demontiert. Irgendwann waren wir bei einem Laufevent doch hier um den Platz herumgelaufen? Niemand von uns kam auf die Antwort, die ich hiermit nachreiche: Berlin-Marathon 2009 und Berlin-Marathon 2011 (die ich ja nicht in so guter Erinnerung habe, vielleicht daher die Gedächtnislücke :-)
Unsere Laufgruppe erreichte nun die Michaelbrücke. Auf der einen Seite konnte man den Fernsehturm und das Rote Rathaus sehen…
… und auf der anderen am Ufer den Techno-Club „Kater Blau“.
Dieser Verpflegungsstand war leider geschlossen…
… aber dafür gab es an der St. Michael-Kirche…
… eine kurze Pause mit Support von Andreas V.s mobilem Verpflegungsstand.
Außer unseren kleinen Erfrischungen genossen wir auch den Blick über das Engelbecken, das vor langer Zeit zum Luisenstädtischen Kanal gehörte, der dann aber zugeschüttet und zur Parkanlage umgestaltet wurde.
Unter Laubengängen…
… liefen wir gutgelaunt weiter…
… Richtung Süden…
… und folgten dem Verlauf des einstigen Kanals. Einen Indischen Brunnen würde man hier nicht erwarten, aber er (bzw. sein Vorgänger) steht hier schon seit 1933.
© AndreasV
Andreas V. hatte sich inzwischen eine etwas radtauglichere Nebenstrecke gesucht und fotografierte uns von einer Brücke…
… unter der wir Läufer:innen durch mussten.
Am Wegesrand fiel uns noch die Gartenbrücke zum Wassertorplatz auf. Diese Art der Geländer… die musste vom Architekten-Paar Hinrich und Inken Baller sein!
Landwehrkanal, Mehringplatz und Technikmuseum
Dann waren wir am Landwehrkanal angekommen…
… und zwar direkt am Urbanhafen…
… in dem einige (Restaurant-)Schiffe ankerten.
Auf der lauschigen Uferpromenade…
… folgten wir dem Verlauf des Tiergartenrings Richtung Westen…
… und bestaunten die vielen Schwäne…
… und das Restaurant „Altes Zollhaus“.
Vom Ufer des Landwehrkanals ging es kurzzeitig zu einem Abstecher über den Mehringplatz…
… auf dem eine Friedenssäule von 1843 und ein U-Bahn-Aufzug von 2017 gemeinsam auf einer wilden Wiese stehen.
Der Calisthenics Park am Halleschen Tor verleitete kurz zum „Abhängen“…
… aber dann ging es auch schnell wieder weiter – vorbei an der Würfelskulptur „Structure“ von Sol LeWitt…
… und die Treppen hinauf im Elise-Tilse-Park. Nur, was sollte denn das werden? Die offizielle Strecke führte nur wenige Meter von der Straße zur Treppe – und oben angekommen sollte es auch gleich wieder hinunter zur Straße gehen… Na, da sind wir doch gleich oben geblieben und haben den Landwehrkanal schon hier überquert!
Über eine Fußgängerbrücke unterhalb der U-Bahn-Trasse (ja, hier fährt die U-Bahn o-ben) kamen wir zum Deutschen Technikmuseum mit der Douglas C-47, die dort seit 1999 zum Landeanflug ansetzt.
So erwartungsvoll ich auch nach oben zum „Rosinenbomber“ blickte – heute regnete es leider keine Schokoladentafeln an Taschentüchern.
Park am Karlsbad, Hiroshimasteg und Zoo
Durch den Park am Karlsbad – hier waren wir nach unserer vorzeitigen Kanal-Überquerung schon wieder auf der offiziellen Strecke – führte unser Lauf nun…
… zur Kreuzung an der Neuen Nationalgalerie…
… bevor er dann wieder auf dem Uferweg fortgesetzt wurde. Das Gebäude am anderen Ufer, das wir alle nicht kannten, war der Bendlerblock des Verteidigungsministeriums.
Wir liefen nun auf den Hiroshimasteg zu, …
© AndreasV
… von dem herab uns unser vorausgefahrener Radbegleiter fotografierte.
Als unsere „Vorläufer“ auf der anderen Seite des Hiroshimastegs nach links Richtung Ufer einbogen, wollte ich erst noch irritiert etwas sagen (denn mein GPX-Track zeigte nach rechts zur Straße). Aber dann dachte ich, na, hier ist es auf jeden Fall schöner…
… was stimmte, denn die Villa von der Heydt, die wir gleich nach halber Umrundung des Grundstücks sahen, machte Eindruck. Nur leider war hier der weitere Weg abgezäunt…
… und wir mussten wieder zurück. Auf der Von-der-Heydt-Straße überquerten wir die Klingelhöferstraße, setzten unseren Weg auf der Corneliusstraße fort…
… und kamen dabei an einem abgelegenen Teil des Zoos vorbei (der eigentlich am anderen Ufer liegt). Wie hieß denn bloß dieses Tier, das wir durch den Zaun sehen konnten? Lama? Vikunja? Alpaka? Auch hier die nachträgliche Auflösung: Es handelte sich um ein Guanako!
Hansaviertel und „Hand mit Uhr“
Wir unterquerten die Lichtensteinbrücke…
… und kamen über breite Parkwege an die Straße des 17. Juni und von dort aus ins Hansaviertel. Auch das war eine kleine Streckenvariante…
… denn ich wollte noch gerne einige Gebäude der Interbau 1957 sehen, die von berühmten Architekten wie Alvar Aalto, Egon Eiermann, Walter Gropius, Oscar Niemeyer und Max Taut stammen.
Leider waren diese größtenteils durch die dichten Bäume nur zu erahnen…
… weshalb ich auf diesem Abschnitt durch die Klopstockstraße…
… nur sehr wenig davon gesehen habe. Über die Altonaer Straße ging es wieder in Richtung Originalstrecke.
Kurzzeitig war die Siegessäule am Horizont zu entdecken.
Als wir an der Skulptur „Hand mit Uhr“ankamen, war es genau 11:00 Uhr. Diese – mit 4,5 m wirklich große – Hand kam übrigens auch im Depeche-Mode-Video „Everything counts“ vor (das ich gerade noch einmal mit etwas Nostalgie und Wehmut angesehen habe).
The grabbing hands grab all they can
All for themselves – after all
It’s a competitive world
Everything counts in large amounts
Spree-Uferweg und Haus der Kulturen der Welt
Über eine Steintreppe ging es nun hinunter an die Spree.
Nach Schifferbrunnen…
… und einer sprintenden Läufergruppe (nein, das waren wir nicht) an einem Gebäude…
… führte uns die Tiergartenring-Strecke nun in den großen Bögen des Flusses Richtung Osten zurück.
Immer dem Uferweg folgend…
… gab es Gewerbe-Architektur am anderen Ufer…
… und ein schönes Café auf unserer Seite zu sehen. Jetzt ein leckeres Frühstück… keine Zeit, weiter!
Manchmal sahen wir nichts von der Spree sondern liefen in einem „grünen Tunnel“.
Auch nach so vielen Kilometern war die Laune noch bestens, wenngleich die Gespräche etwas kurzangebundener wurden.
Ein kurzes Stück über die John-Foster-Dulles-Allee…
… an der ich den Tritonbrunnen entdeckte. Laut Wikipedia ist Triton ein Meeresgott mit dem Oberkörper eines Menschen, den Vorderbeinen eines Pferdes und dem Unterkörper eines Delfins. Für diesen Brunnen wurde zumindest auf die Hufe verzichtet.
Fast hätte ich vor lauter Fotografiererei den Anschluss an die anderen verloren, aber ich sah noch, wie sie von der Straße Richtung Ufer einbogen. Noch schnell ein Foto des Hauses der Kulturen der Welt…
… und dann gucken, dass ich wieder rankomme, bevor sie in der „Waschmaschine“ (sagen nur Berlinführer zum Bundeskanzleramt) verloren gehen.
Regierungsviertel, Reichstag und Brandenburger Tor
Über einen Baustellen-Tunnel…
… kamen wir wieder auf die Uferpromenade, …
… liefen unter der Moltkebrücke hindurch…
… und kamen dann an einem schmalen Durchgang zum Stehen. Ging es hier tatsächlich weiter?
Ja, tat es. Die Strecke führte uns noch einmal durch ein bisschen gestaltetes Grün namens Ludwig-Ehrhard-Ufer-Garten…
… bevor wir im Regierungsviertel wieder herauskamen.
Nun hatten wir den Tiergartenring einmal umrundet und waren fast wieder am Ausgangspunkt unseres Laufs angekommen.
Nur noch am Paul-Löbe-Haus…
… und dem Reichstag vorbei…
… und dann durch die bunten Seifenblasen eines Straßenkünstlers…
… zum Brandenburger Tor.
Geschafft! Toll, was haben wir alles gesehen auf dieser Sightseeing-Tour um den Tiergarten und durch zahlreiche Berliner Stadtteile! Mit vielen Erinnerungen und der Musik einer Tanz-Choreografie ging es zufrieden und glücklich über den Pariser Platz zur S-Bahn-Station.
PS: Danke an Andreas V. für den wunderbaren Support (inkl. Nacken-Kühlkissen!), an Hartmut fürs Durchhalten trotz von Anfang an ziehender Wade, an Andreas IV. für die längste Anreise und das Endlich-mal-wieder-dabei-sein, an Klaus und Lisa für das Einbinden der Route in ihre Marathonvorbereitung und an Monika für das komplette Durchlaufen der Strecke trotz anfänglicher Zweifel – schön, dass ihr alle dabei wart!
Nachtrag: Danke an Klaus für den Hinweis: Ich hatte in der ersten Fassung des Artikels dem 4. Andreas eine falsche römische Ziffer zugeordnet, nun ist es nachträglich korrigiert. Sorry, Andreas IV.!
» Digitale Karte des Tiergartenrings auf dem Geoportal Berlin
» Innerstädtischer Verlauf der Berliner Mauer
Es war ein tolles Erlebnis!
Andresa I: Vielen Dank für die Idee und die Organisation.
Andreas V: vielen Dank für die Verpflegung
Liebe Monika,
danke, es hat Spaß gemacht, schön, dass du dabei warst!